Wesen des Limericks

Was ist ein Limerick?

Es wird wohl nie gänzlich geklärt werden, ob der Name von der gleichnamigen, irischen, am Fluss Shannon liegenden Stadt oder von einem alten irischen Soldatenlied stammt. Längst geklärt ist allerdings, dass es sich beim Limerick um ein kunstvolles, meist scherzhaftes Gedicht handelt, das seinen wohlverdienten Platz am Lyrikhimmel längst erobert hat.

Der zu Beginn des 19. Jahrhunderts in London geborene Edward Lear gilt als Begründer dieser Lyrikgattung. Sein „A Book of Nonsense“ ist noch heute ein Meilenstein in der Limerick-Dichtung. In 107 eigenhändig illustrierten Limericks hat Lear diese Gedichtform nicht nur populär gemacht, sondern die Messlatte für nachfolgende Limerick-Dichter sehr hochgelegt. Neben Lewis Carroll gilt Lear als zweiter großer Vertreter der viktorianischen Nonsense-Literatur. Seine Denk- und Herangehensweise war geradezu prädestiniert dafür, dem Limerick Leben einzuhauchen.

Edward Lears Limericks wiesen im Vergleich zu heute eine etwas andere Form auf. Der heute bekannte Fünfzeiler war damals noch ein Dreizeiler. Die heutigen ersten beiden Zeilen und die dritte und vierte Zeile waren jeweils zu einer Langzeile mit je passendem Binnenreim verbunden. Diese Zusammenfassung wurde im Laufe der Zeit aufgeteilt. Es entstand der klassische Fünfzeiler, so dass sich die beiden ersten und die fünfte Zeile, sowie die dritte und vierte Zeile aufeinander reimen. Das Reimschema lautet somit: aabba.

In Deutschland setzte die Limerick-Dichtung nur zögerlich ein. Zwar wurde Edward Lears Meisterwerk von keinem geringeren als Hans Magnus Enzensberger übersetzt. Andere bekannte deutsche Autoren scheuten diese Gedichtform oftmals, was vielleicht auch an der deutschen Literaturentwicklung und dem fehlenden Gegenstück zur viktorianischen Nonsense-Literatur liegen mag. In den 70er Jahren fand eine kleine Renaissance der Limericks im deutschsprachigen Raum statt. Die Vertonung Georg Bungters „Limerick Teutsch“ durch das Liedermacher-Duo Schobert & Black sei beispielhaft erwähnt.

Dennoch konnte der Limerick im deutschsprachigen Raum nie so stark expandieren, wie es ihm im englischsprachigen Raum gelang. Die weltbekannten Autoren Ogden Nash und Isaac Asimov haben eindrucksvoll bewiesen, welche Strahlkraft und Ausdrucksstärke in Limericks liegen können. So bleibt den Limerick-Verehrern leider nichts anderes übrig, als die berühmtesten Limerickverse im englischen Original zu lesen.

© 2021 Michael Stern https://www.lyrissima.de