GedichteJahr 2004

Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode 04 Quartal 2004




Ein Buch im Schein des Kaminfeuers

Im warmen Rot-Gelben Licht
im Schein des urigen Feuers,
erhellen sich nur mühsam
die Seiten des Schmökers.

Die vielen Zeilen im Halbdunkeln
haben keine Gestalt in der Finsternis.
Erst das Licht formt sie zu Buchstaben,
erst das Feuer verleiht ihnen Leben.

Nur im Kaminfeuer
vollzieht sich die Auferstehung
aller Ideen des Autors.

Buchstaben-Neugeburt am Feuer,
das gedruckte Wort
will sich Leben verschaffen,
einen Odem eingehaucht bekommen.

Im flackernden Schein entfaltet sich
eine neue Ideenwelt,
beginnt eine Reise ins Reich der Phantasie,
ein Pfad hinab in die pure Kreativität.

Schatten tanzen an den Wänden,
Figuren huschen aus den Seiten.
Ein Plot entführt den Leser in die Geschichte
und nimmt ihn mit der Zeit gänzlich ein.

Die Holzscheite knistern, die Seiten rascheln,
immer schneller werden sie umgeschlagen,
immer gieriger werden sie verschlungen,
bis die Buchstaben zu einem Brei verschwimmen.

Realität und Fiktion werden eins.
Grenzen werden verschoben
und dann gänzlich aufgehoben.

Der Leser sitzt noch im Sessel,
doch sein Geist schwebt in anderen Sphären,
fernab des Zimmers und des Kamins
ist er der Realität vollkommen entrückt.

Mal ist er Matrose auf einem Segelschiff,
fährt in die Karibik und hebt Schätze.
Mal ist er Ritter ihrer Majestät
und reitet von Burg zu Burg,
ficht edle Kämpfe in voller Montur.

Kampf gegen Drachen und Ungeheuer,
Märchenwelten halten ihn gefangen.
Hexen im tiefsten Wald belegen ihn mit einem Bann
und drohen ihn zu vergiften.

Als Agent im Smoking auf Weltenrettung
in schmierigen Hotels zur Übernachtung,
unmögliche Situationen meistern
und stets die Ruhe dabei bewahren.

Ein Detektiv auf Spurensuche,
der alles mit allem kombinieren kann
und jeden Schritt seiner Gegner voraussieht,
noch bevor sie selbst wissen, was sie tun.

Ein durchdringender Lesegeist,
allwissend und unbesiegbar,
der jede Welt im Geiste bereist hast
und alle Tragödien im Kopfe durchlebt hat.





Der Anruf im Oktober

Einmal im Jahr geschieht es,
jedes Jahr passiert es von Neuem.
Einige warten auf den Anruf aus Stockholm.

Ein Freund von mir wartet seit Jahrzehnten,
im September redet er von nichts anderem mehr.
Anfang Oktober scheint sein Leben stillzustehen.

Er hockt vor dem Telefon.
Seine Rede für die Pressekonferenz ist schon geschrieben.
Jedes Mal ändert er nur noch das Datum.
Er sei so aufgeregt, wenn es geschehen würde,
dass er dann nur noch ablesen könne.
Er möchte sich dabei nicht mit dem Datum irren.

Wie peinlich wäre das?
Ein Nobelpreisträger im falschen Jahr
Plötzlich klingelt das Telefon.





Niederträchtig und fatal

Wild hechelnd nähert sich der Schakal,
mit seinem Rudel für Feinde fatal.
Nieder zerren sie das arme Tier,
zerfleischen es in ihrer Gier.
Zusammen sind sie sehr brutal.





Die Palmen am Nil

Am Nil da wachsen die schönsten Palmen,
aus grünen, saftigen, kleinen Halmen.
Sie strecken ihre Köpfe der Sonne entgegen,
so manche nickt im Wind verlegen.
Aus ihnen gewinnt man die besten Salben.





Der Preis für eine Tötung

Alles hat seinen Preis,
so sagt man.

Auch das Menschenleben?
Für den Berufskiller ja.

Ein Preis zum Töten,
Geld für ein Leben,
Abwägung,
Geschäft.

Mehrere Kugeln,
eine gut platzierte Bombe,
strangulieren.

Es gibt viele Wege
und einen Preis.

Preisetikett,
Preisschild,
in diesen Kategorien
scheint er zu denken.

Von Beruf Killer,
Menschen auf der Waage,
abgewogen mit Geld,
eingepreist.

Gibt es auch Rabatt?
Mengenrabatt?
Reduzierungen?
Absurditäten!

Welche Waage soll das sein?
Keine dieser Welt.
Gleichgewicht gestört,
alles durcheinandergeraten.
Das Gefüge ist kaputt,
Sinnlosigkeit.





Die Seminararbeit

Sechs Wochen lang dauert die Qual,
doch ich hab einfach keine Wahl.
Drum wird gelesen und kopiert,
geschrieben und herumprobiert,
bis ich der Beste bin im Hörsaal.





Ich habe keine Lust

Ich habe keine Lust
zu tief sitzt der Frust.
Da bleibe ich passiv,
wie ein Bergmassiv.
Das ist mir schon bewusst.





Der fliegende Fisch
(japanisches Tanka-Gedicht)

Fliegen statt schwimmen.
Der eine macht es anders.
Flossen in der Luft

Schwerelos übers Wasser
Austausch der Elemente





Die Minen von Moria

Die Zwerge haben ihr Hauptquartier,
im unterirdischen Moria-Revier.
Dort wurden Paläste in Stein erbaut,
doch die Festung ist mittlerweile ergraut.
Der Zwergenarm ist stark wie ein Stier.





Das dreckige Spülbecken

Dreckig ist das Spülbecken,
das möchte keiner ablecken.
Bräunliche Spuren sind zu sehen,
der Appetit mag gleich vergehen.
Vor Besuchern sollte man das verstecken.





Die Pilgerreise zum Mont-Saint-Michel

Die Meeresbucht, von bretonischer und normannischer Küste umrahmt,
inmitten ein Klosterberg, Meer umspült,
erhaben, ein Kleinod der Christenheit,
majestätisch, sturmerprobt, die Abtei Mont-Saint-Michel,
getrotzt den Wirrungen der Zeit,
verehrt, schon immer, der Heilige Michael.

Pilger zu Tausenden jahrhundertelang,
auf weiten Wegen, quer durchs Land,
auch Ausgangspunkt und Zwischenziel,
schweigen, beten, fasten, seelische Einkehr,
wallfahren im christlichen Glauben.

Auch Urlauber dabei,
Massentourismus im Sommer,
Wandern in frischer Meeresluft,
auch hier, Nachdenken und Innehalten,
Neues entdecken in Kirchen, Klöster, religiöse Stätten.





Die helle Stehlampe

Die Stehlampe ist hell,
doch kaputt ging sie schnell.
Die Garantie war gerade abgelaufen,
es ist zum Haare raufen,
nervig wie lautes Hundegebell.





Der Staatsanwalt will wechseln

Er war schon lange genug Staatsanwalt,
nun will er werden reicher Topanwalt.
Doch ein Mörder bereitet ihm Schwierigkeiten,
er stolpert über Ehrgeiz und Eitelkeiten,
so kämpft er weiter für Gerechtigkeit und verzichtet auf hohes Gehalt!





Wie tarnt man sich gut?
(japanisches Tanka-Gedicht)

Farbangleichungen.
Angepasst an Umgebung.
Perfekte Tarnung.

Einssein mit seiner Umwelt,
zumindest in der Farbe.





Hoch ansteckende Gedanken

Diese Idee springt schnell über,
denn der Redner kommt gut rüber.
Hoch gebildet war sein Monolog
und er dabei nicht einmal log.
Danach war der Gegenüber deutlich klüger.





Das Mutterland der industriellen Revolution

Jahrtausendelang, Tag und Nacht, Jahreszeiten,
der Rhythmus der Natur,
mit harter Hand und Muskelkraft,
Nutztiere unterstützen, Wasser und Wind dazu,
bestimmend für Alltag und Arbeit.

Eine Maschine, bewegt durch Dampf,
änderte alles,
ein neues Zeitalter begann.

In England, der Anfang,
Arbeit und Alltag der Menschen,
das Leben auf den Kopf gestellt.

Mit rasanter Geschwindigkeit,
Landwirtschaft, Technik, Industrie, Transport,
neue wissenschaftliche Erkenntnisse in einem fort,
die industrielle Revolution nahm ihren Lauf.





Die modernste Fliegerstaffel

In Star Wars gibt es eine Fliegerstaffel,
die trinken vor dem Start keine Kölsch Gaffel.
Im X-Wing geht es durch die Luft,
sie schießen ab so manchen Schuft,
wenn sie landen gibt es eine heiße Waffel.





Ein Markt der Freude

Am Abend da leuchtet das Licht,
der Schnee, er schmilzt noch nicht.
Eine jede Bude weiß zu überzeugen,
und sorgt bei Besuchern für große Freuden,
der Weihnachtsmarkt mit Schneeschicht.





Entschlossenes Handeln

Geborgte Zeit gut genutzt,
eine Mauer zum Schutz errichtet,
die verfügbare Patrouille,
eintreffende Verstärkungen arbeiten gut.

Neunzehn Meilen lang,
vom Zufluss bis zum Berg,
Grenze zum Land.

Dazu Stützpunkte und Posten,
eng überwacht,
ein Durchbruch kaum möglich,
das Land sicher gemacht.

Zum verabredeten Termin,
die Delegation ist da.
Wenige Worte
Zähneknirschende Wendung

Viele in ihren Hoffnungen getäuscht,
versuchen den Durchbruch.
Mit Flößen und Booten übergesetzt,
zahlreiche Furten zeigen den Weg,
vermeintlich einfach, doch lebensgefährlich.

Wut brandet auf,
Aggressionen nehmen ihren Lauf.
Die Gewalt soll erzwingen,
was Verhandlungen nicht geschafft.

Schneller Entschluss,
plötzliche Entscheidung,
entschlossen gehandelt,
der Durchbruch gestoppt.
Die Befestigung hält,
dieser Weg ist versperrt!





Die neue Vertraulichkeit
(japanisches Tanka-Gedicht)

Vom Sie-Turm in das
Duzbad, ungefragt fallen
Fremde um den Hals

Werbungsbombardement im
unerträglichen Duztakt.





Wegrennen und leugnen
(japanisches Tanka-Gedicht)

Genau wie der Strauß:
Den Kopf ganz in Sand gesteckt
Niemand kann ihn sehn.

Die Augen zu verschließen,
lässt Feinde nicht blind werden.





Das Bernsteinzimmer

Ein Zimmer aus purem Bernstein,
ist richtig edel und richtig fein.
Doch keiner weiß wo‘s liegt,
die Unkenntnis obsiegt.
Wo mag es denn nur sein?





Schneide die Hecke zurecht

Schneide die Hecke zurecht,
zu hoch ist das Grüngeflecht.
Nimm die Heckenschere
und beende die Misere.
Das wird ein Gartengefecht!





Ein Wassertank von 500 Gallonen

Mit einem Tank von so vielen Gallonen
kann man seine Wasserrechnung schonen.
Nie geht einem das Wasser aus,
man duscht in Saus und Braus.
Geeignet für viele Personen.





Die Sache mit der Moral

Ethisches Verhalten
Richtige Entscheidungen
Ein Moralkompass
In schlimmen Zeiten
Compliance das Zauberwort

Und doch eine Falle!
Wie konnte das passieren?
Soweit kommen?
Dafür wurde das nicht erfunden.

Sinn des Erfinders
Nicht erfüllt und zweckentfremdet

Zwickmühle in der Ethik
Egal, wie man sich entscheidet:
Richtig ist nichts.





Die Gründung der Kutter-Company

Die geniale Shrimps-Kutter-Idee der Company
sorgt dafür, dass sie die Einzigen sind, die
einen Sturm unbeschadet überstehen.
Vor lauter Shrimps können sie auf dem Kutter nicht gehen.
Ihr Firmenerfolg versiegt nie.





Der nutzlose Luftraum

Der nutzlose Luftraum
sieht aus wie ein Traum.
Die Decke schwebt,
man richtig auflebt,
doch Nutzen bringt es kaum.





Ekklesia oder die Volksversammlung

Die Ekklesia ist der Anker in der Demokratie,
sonst hätte sie funktioniert nie.
Jeder Mann hatte das gleiche Stimmrecht,
die Entscheidungen waren gut und schlecht.
Da braucht man nicht viel Phantasie.





Schwarzwälder Kirschtorte zum Geburtstag

Man schmeckt es,
diesen eigentümlichen Geschmack,
der sich zwischen Schokolade und Marmelade legt.

Ein Hauch von Exquisitem
Etwas wirklich Besonderes
Es ist nicht der Alkohol
Natürlich, etwas wurde im Teig beigemischt,
aber das ist nicht der Grund.

Woran liegt es?
Kann man es nur mit einem Bissen ergründen?
Vielleicht mit einem Stück?
Einer ganzen Torte?
Nein!

Exklusivität
Es muss die Mischung sein,
erst der Mix macht den Geschmack perfekt.

Jedes Mal anders,
den Ton trifft man nie zweimal.
Jeder Versuch der Kopie muss scheitern.
Man hat nur einmal Geburtstag im Jahr,
Wiederholungen sind ausgeschlossen.

Andererseits:
Wer möchte das schon?
Niemand isst zweimal dieselbe Torte.





Der Bretonische Klub
(japanisches Tanka-Gedicht)

Der Weg Bretagnes
mit Regionalparlament
führt nur ins Abseits.

Interne Kämpfe, Spaltung:
Klub der Verfassungsfreunde.





Den Überblick gesichert!
(japanisches Tanka-Gedicht)

Einen Säulenhals
Hoch in den Lüften das Haupt
Überblick gewahrt!

Giraffe an Baumkronen,
viele Blätter nur für sie!





Der französische Delikatessenladen

Der französische Delikatessenladen
bindet den Saucisson mit Faden.
Es findet sich auch Pâté de campagne oder vom Wildschwein,
leckere Fleischpasteten und Terrinen ach so fein.
Das Essen ist wahrlich erhaben.





Eine Notlandung in dichtem Grün

Die B-25-Bomber werden zu schnell entdeckt,
es droht zu scheitern, das ganze Projekt.
Sie fliegen länger, der Treibstoff wird knapp,
so notlanden sie auf feindlichem Boden herab,
der ist von dichtem Grün bedeckt.





Keine Freude bei der Arbeit

Schon lange
nichts mehr gefühlt
auf der Arbeit.

Freude entwichen
Kummer geblieben
Spaß?
Abwesenheit
jeglicher Emotionen

Eine Frage:
Hat es denn jemals Freude bereitet?
Oder war das nur gespielt?
Einbildung?
Selbstbetrug?

Muss Arbeit denn Freude machen?
Darf sie das überhaupt?
Sonst wäre ja Arbeit,
plötzlich keine Arbeit mehr…





Das wartende Schrankmonster

Tief in meinem Schrank
wartet ein Monster, ganz schlank,
dass ich die Tür öffnen mag,
um mich anzufallen, ganz arg.
Doch die Schranktür bleibt zu, Gott sei Dank!





Zieh Dir Deine Fußballschuhe an

Zieh Dir Deine Fußballschuhe an,
was Dir fehlt ist ein bisschen Elan.
Wir werden uns sportlich betätigen,
die Lethargie beendigen.
Jetzt bist Du sportlich gesehen dran.





Am Scheideweg auf dem Passagierdampfer
(japanisches Tanka-Gedicht)

Die letzte Reise
gemeinsam auf dem Schiff, das
wird zum Trennungsort.

Getrennte Schritte führen
die Gangway hinab ins Nichts.





Die Dimension hinter der Dimension
(japanisches Tanka-Gedicht)

Aus der Nacht erwacht
und müder noch als vorher,
so schläft er weiter.

In seinen Träumen ruht er,
ein Schlaf im Schlaf, so träumend.





Das verrostete Fahrrad auf der Terrasse

Die Gesetze der Kinetik
bringen zwei Kreise in Bewegung,
Kette verzahnt überträgt
schnelle Fortbewegung aus eigener Kraft.

Lenker in der Hand
Unabhängigkeit in Fahrt
Einfache Technik, wirkungsvolles Ergebnis
Doch das war die frühere Zeit.

Heute steht das Fahrrad,
aus eigener Kraft rostet es nur noch.

Abgestellt und nicht mehr in Bewegung,
kein Pedalentritt, der es fortbewegt.

Kein Schlenker im Lenker,
der es lenkt.

Ausrangiert ohne Garage,
im Regen auf der Terrasse,
abseits ohne Blicke.

Stillstand auf zwei Rädern,
die Kette fast schon nutzlos,
der Sattel verdreckt, durchnässt.

Den Fahrtwind hat der Lenker
schon lange nicht gespürt.
Zwei Kreise bewegungslos,
bald wird es nur noch einer sein.





Flucht in den Schlaf

Der Alltag kann sehr quälend sein,
da freut man sich auf das Bett daheim.
Liegt man erst unter der Decke
in seiner trauten Ecke,
fällt einem nichts mehr Schöneres ein!





Ihr dubioser neuer Freund

Ihr neuer Freund wirkt dubios,
seine Auftritte sind meist kurios.
Und so langsam erhärtet sich der Verdacht:
Er ist es, der sie betrügt jede Nacht!
Doch ist er gefährlich; er legt die Hände nicht in den Schoß.





Die Tierärztin und der Zwinger

Katherine ist Tierärztin von Beruf.
Sie sieht das als einen wichtigen Ruf.
In der Tierklinik trifft sie den Rottweiler wieder,
sperrt ihn in den Zwinger und kämpft ihn nieder.
Dann sendet sie ab einen Hilferuf!





Der drucksende Drückeberger

Er druckst umher,
drückt sich vorbei,
duckt sich,
verdrückt sich schnell.

Faulheit sein eigentliches Metier,
der Drückeberger!

Welche Qual für seine Umwelt,
er nutzt sie aus,
lebt auf Kosten anderer,
auf dem Rücken der anderen.

Dort genießt er sein Leben
in vollen Zügen.
Warum auch nicht?
Er muss ja nichts tun.

Faulheit als Lebensprinzip
Das Drückebergertum
Das Raubrittertum der Moderne

Ausnutzen in Perfektion
Arbeitskraft scheuen
Mühen umgehen

So lebt es sich leicht und angenehm,
alles umgehen,
alles mitnehmen.

Andere leiden,
er erntet die Früchte,
fremde Früchte,
verbotene Früchte.

Nun gehören sie ihm
und er sammelt sie weiter,
isst sie allesamt auf,
sie sind sein Eigen.
Enteignung





Schreiben gegen die Zeit

Man schreibt gegen die Zeit
und unter großem Leid.
Der Druck ist groß,
man weiß bloß,
bald ist sie zu Ende die Arbeit.





Wahrhaftige Rückendeckung
(japanisches Tanka-Gedicht)

Fels im Alltagssturm
Eiserne Loyalität
Die Verlässlichkeit

Klug, wer solche Stütze sucht,
glücklich, wer sie gefunden.





Der Chihuahua in der Teetasse
(japanisches Tanka-Gedicht)

Zwerg auf vier Pfoten
Von Winzigkeit heimgesucht
Nimmt Platz in Tasse

Sollte eine solche Zucht
wirklich zugelassen sein?





Ehestreit in aller Öffentlichkeit

Ist einem die Öffentlichkeit egal,
vortrefflich streiten lässt es sich im Saal.
Mann und Frau schreien sich an,
man hofft es endet irgendwann,
dabei ist die Streitsache doch recht banal.





Der unbekannte nächste Täter

Autofahren,
das macht jeder,
jeden Tag aufs Neue.

Der Taxifahrer im gelben Wagen
mit fremden Leuten
immer neue Gesichter.

Schweigsam
mitteilsam
müde
genervt

Fixierend
aufmerksam beobachtend
fast schlafend

Gereizt
aggressiv
leicht lächelnd

Generös
geizig
lobend
tadelnd
besserwisserisch
Die ganze Palette

Mal herrscht eine komische Stimmung,
mal eine gelöste,
fast schon heitere.

Nachts hat er Angst.
Pfefferspray
Nützen wird es kaum was,
doch immer dabei,
wenigstens etwas.

Das Gefühl der Sicherheit
verschwunden,
seitdem einen Angriff.

Messer in Rücken und Hals,
nur knapp dem Tod entronnen.

Der Täter?
Unbekannt!
Könnte jeder sein,
auch der nächste Fahrgast.





Schluss

© 2021 Michael Stern https://www.lyrissima.de