Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode 01 Quartal 2009
Tropfen aus dem Rohr
Das Rohr,
es leckt,
einzelne Tropfen fallen herab.
Im selben Takt
immer und immer wieder,
unaufhaltsamer Fluss an Tropfen,
eine Wassermelodie im Waschbecken.
Der Klempner wird gerufen,
das ist genau sein Metier.
Rohr austauschen,
neue Abdichtungen,
der Schaden scheint behoben.
Ein neuer Anruf,
ein Wasserhahn ist undicht.
Wieder ein Einsatz
gegen das Element des Lebens:
Das Wasser!
Ein Fluss droht überzuschwappen,
die Welt in Miniatur,
die Tropfen als Flutwelle,
der Klempner als Deich, als Retter.
Und wieder ein geglückter Einsatz,
der Hahn ist dicht.
Nicht viel Neues,
doch viel Handfestes,
die Tropfen als Feinde,
das Leck als Gefahr,
der Rohrbruch als Katastrophe.
Der Klempner ist gefragt!
Zettel am Haken
Ich sehe nur die Zettel
Immer die gleiche Größe
Sie hängen vor mir
Aufgespießt an einem Haken
Stets beschriftet
In krakeliger Schrift
Manchmal kann ich es kaum entziffern.
Ich muss mir richtig Mühe geben.
Auf dem Papier stehen sie dann.
Die ganzen Gerichte
und die Zahl
Wie viele?
Für wen?
Meistens essen die Leute immer dasselbe,
ihnen scheint es zu schmecken.
Ich kann das Gericht nicht mehr sehen.
Im Restaurant selbst herrscht rege Betriebsamkeit.
Ich koche allein
mit den Zetteln
Gerade ist wieder ein neuer hinzugekommen.
Man sagt, wer die Hitze nicht abkönne,
sollte kein Koch werden.
Und was ist, wenn man die Einsamkeit nicht erträgt?
Ein ungemütlicher Sumpfbewohner
Der ungemütliche Alligator,
lebte in einem Moor.
Da mochte er nicht lange bleiben,
drum fing er an zu reisen.
Dann passierte er das Hafentor.
Die Ahnenreihe der Cäsaren
Die Büsten stehen in einer Reihe,
bereit für die zeremonielle Weihe.
Von Anbeginn der römischen Ära,
hat jeder Kopf die Stadt geprägt, ja.
Für das Museum leider nur eine Leihe.
Drei Pappeln im Wald
Drei
drei Musketiere
drei Medaillen
drei Sieger
und drei Pappeln.
Groß gewachsen,
breiter Stamm,
ein volles grünes Haupt.
Im Winde leicht gewogen,
doch beugen lassen sie sich nicht.
Sie gieren stets nach oben
nach neuem Sonnenlicht.
Die drei stehen zusammen,
gar eng auf einem Feld.
Ein Dreieck bilden die Pappeln,
so wie es ihnen gefällt.
Zu dritt gegen den Wind,
zu dritt gegen den Regen,
geschlossen gegen Sturm,
der ihnen gefährlich wird.
Drei grüne Kronen,
drei Kugeln im Dreieck,
in drei Ecken die Stämme,
unter der Erde die Wurzeln.
So stehen die drei Pappeln
im Walde stumm und stark,
ringsum ist noch mehr Stille,
ein Ödland traurig karg.
Drei für einen,
einer für drei Pappeln.
Der Hausbau dauert
Der Wille und das Geld stehen bereit,
doch das Grundstück fehlt so weit.
Die Spekulanten sitzen drauf,
verhindern jeden billigen Kauf.
Der Markt ist vor nichts mehr gefeit.
Löse die Rechenaufgabe
Löse die Rechenaufgabe
mit besonderer Hingabe.
Keine Angst vor Zahlen,
damit lässt sich prahlen.
Doch keine Taschenrechnereingabe.
Entgegen aller Schwerkraft
(japanisches Tanka-Gedicht)
Gegen das Wasser
Gegen die Gebirgsschnellen
Gegen die Strömung
Die Auflehnung als Prinzip?
Sich gegen alles stemmen!
Tiere, Ruhe und Naturzauber
Der Tierzauberer Radagast,
der lebt und wirkt ohne Hast.
Am liebsten fährt er durch die Wälder
und spaziert durch blühende Felder.
Erst nach seiner Entdeckung lebt er ohne Rast.
Das Trüffelgeschäft
Das Trüffelgeschäft läuft exzellent,
jeder Käufer in den Laden rennt.
So teuer ist der gute Trüffel,
mancher Verkäufer kriegt nen Rüffel,
wenn er den Preis nennt.
Der Gang nach Canossa
Wer hat das letzte Wort,
wem gebührt die Macht,
jahrhundertelang strittig,
Kaiser oder Papst.
Kirche gegen weltliche Macht,
im Vordergrund die Investitur,
Bischöfe, Äbte,
wer übernimmt welches Amt.
Papst Gregor VII., war er rechtmäßig im Amt,
exkommuniziert einen König,
als Heinrich IV. im Reich bekannt.
Der Salier, in Angst um Macht,
der Thron in Gefahr,
eilt nach Canossa, um Buße zu tun,
unterwirft sich, fleht an den Papst,
erhält die Absolution.
Der Canossagang, noch heute bekannt,
Nachgeben, Unterwerfen, ein Bittgang,
erniedrigend, entwürdigend,
auch heute gebraucht, eine Demütigung pur.
Das goldgerahmte Gemälde
Das Gemälde ist goldgerahmt,
und zierlich schön verzahnt.
Der Besucher möchte es unbedingt sehen
und nutzt die Gelegenheit, es zu stehlen.
Wer hätte das nur geahnt?
Ausgezaubert bei diesem Duell
Zaubermeister gegen Schüler, so heißt das Magier-Duell.
Es wird hart gekämpft und das Blut fließt schnell.
Kein Trick ist zu schäbig, um ihn nicht anzuwenden,
um die Konkurrenz und das Publikum zu blenden.
Diese Bühnenselbstdarstellung ist hässlich und grell.
Der Futtervorrat schwindet
(japanisches Tanka-Gedicht)
Unerbittlich kalt
Der Winter regiert eisig.
Das Futter endet.
Draußen findet sich keine
Nahrung im Dauerschneefall.
Die Wurzel aller Gedanken
Die menschliche Seele,
auch wenn sie sich quäle,
bringt hervor den Gedanken,
jenseits aller Schranken,
folgt keinem Befehle!
Der Zaun der Erde
Fest verankert in der Erde,
schnurgerade,
geteilt das Land.
Links begrenzend
die Bewegung für Pferde, Kühe,
Schweine oder anderes Getier,
rechts der Schutz gegen Unbefugte.
Bewährtes Mittel
seit Jahrtausenden,
Menschen wollen Sicherheit und Schutz.
Erbaut auch meist am eignen Hause,
abgrenzend zwischen Dein und Mein.
Weit verbreitet
in den Siedlungsvierteln,
Bürokraten greifen regulierend ein.
Die Patrizier-Reihe
Reich wird man in der Hanse beim Handeln
von Pelzen, Eisen, Gewürzen und Mandeln.
Als Patrizier lebt es sich gut,
die feine Gesellschaft zieht vor ihm den Hut.
Am Ende kann man durch seine Hamburger Villa wandeln.
Ein dummer Zusammenfall
In dieser kurzen Adventszeit,
ist man für Weihnachten nicht bereit.
Der vierte Advent, er fällt genau,
auf Heiligabend, Weihnachtsgau!
Es hat nicht einmal geschneit.
Rechtsrheinische Siedlungsräume
Im dichten Urwald
Im ewig dichten Grün
Da gibt es kleine Besiedlungen,
große freie Siedlungsräume,
rechtsrheinisch und fruchtbar.
Germanen von jenseits des Rheins,
sie hausen hier zu Abertausenden.
Gleiche Rechte und Freiheiten genießend
In einfachen Hütten
Mit warmem Lagerfeuer
Bescheiden, aber glücklich
Natur und Einfachheit
Eng verbunden mit dem Wald
Eins mit dem Rhein
Die Ader des Wassers
Geld – kein Gesprächsthema
(japanisches Tanka-Gedicht)
Man hat es, aber
spricht nicht darüber, das
geziemt sich doch nicht!
Deutsche goldene Regel,
nicht überall gleich gesehn‘.
Das weiche Fell der Perserkatze
(japanisches Tanka-Gedicht)
Richtig böser Blick
von weichem Fell umflossen,
niemals gewaschen.
Die langen Haare richten
sich niemals nach oben auf.
Die Steckdose
Das Portemonnaie ist in der Hose
und Strom stammt aus der Steckdose.
Die Sonne kommt vom Firmament,
gut wenn man der Dinge Ursprung kennt.
Der Lottogewinn kommt von einem Lose.
Mach mir ein Geschenk
Mach mir ein Geschenk
als Entschädigung für das Gezänk.
Für diesen ganzen Tumult
stehst Du tief in meiner Schuld.
Treffe meinen Geschmack gelenk.
Teslas Erfindergeist
Nie müde etwas Neues zu finden,
keine Hemmungen sich selbst zu schinden.
Zu neuen Taten stets bereit,
Erfindergeist der Seligkeit.
Dank ihm wird sich der Fortschritt emporwinden.
Aus Wettbewerb wird Eskalation
Eins gegen Eins.
Was als Wettbewerb begann,
endete als Krieg.
Kollegenkrieg.
Einer schlug,
der andere trat nach.
Eskalation im Büro
Verleumdungen kamen dazu.
Eins ergab das andere.
Und es brauchte ein Ende.
Ein sehr hässliches Ende.
Erst ein Finale komplettiert!
Wenn aus Motivation
und Wettbewerb,
Hass und Krieg entsteht…
Spirale des Abscheus
Wie Kai die ruchlosen Banditen stellt
Die Banditen haben zugeschlagen,
entwickeln sich zu schlimmen Plagen.
Doch schon bald wird Kai sie stellen,
mit Handschellen, die hervorschnellen.
Der Staatsanwalt wird sie dann anklagen.
Die potthässliche Gartenbeleuchtung
Potthässlich ist die Gartenbeleuchtung,
die Lampenaufsteller hatten keine Erleuchtung.
Man hat ein billiges Ramschlicht aufgestellt,
das den Garten mit komischen Licht aufhellt.
Nicht auszuhalten, selbst mit alkoholischer Befeuchtung.
Hermes
Manch einer denkt an den Versand
und es liegt tatsächlich auf der Hand:
Der Götterbote regelt den Verkehr,
doch das ist nicht schwer.
Mit der Unterwelt verbindet ihn ein untrennbares Band.
Das Moos auf dem schwarzen Dach
Oben schwarz
Die Spitze, richtungsweisend
Das Obige entscheidet
eigentlich immer.
Aus vielen Teilen bestehend
und zusammengesetzt
Eine dunkle Einheit,
geschlossen den Regen abgewiesen,
für Trockenheit gesorgt.
Und trotz des ganzen Zusammenhalts
fordert die Zeit Tribut vom Dach.
Moos gelb-grün in kleinen Ballen
wächst hier und dort,
breitet sich aus.
Auf kleinen Stellen sprießt es
und nimmt von dort nun seinen Lauf,
ergreift Zentimeter für Zentimeter
immer mehr nach Platz
und hat so langsam aber sicher
das ganze Dach ums Schwarz gebracht.
Die Ziegel sind verdeckt, unsichtbar,
auf ihnen wächst nun eine Schicht,
eine Masse ganz verdichtet,
die abdeckt jeglich schönes Licht.
Der arbeitende Bauernstand
(japanisches Tanka-Gedicht)
Auf seinem Rücken
funktioniert das Staatswesen,
wird Versailles erbaut.
Der größte Gesellschaftsstand,
so rechtelos, würdelos.
So scheu in Nordamerika
(japanisches Tanka-Gedicht)
Heimat im Norden
Der Grizzly meidet Horden,
versteckt sich im Busch.
Seltener Anblick eines
lebendigen Giganten.
Die Quiche
In der Nische,
ess ich die Quiche.
Beim lothringischen Kuchen,
muss ich nicht lang meinen Appetit suchen.
Ich genieß die Frische.
Des Landlords Wagenzug
Der Landlord sorgt für neue Lieferungen,
seine Wagenzüge sind die einzigen Anbindungen.
Sonst ist die Kleinstadt abgeschnitten,
das ist gänzlich unbestritten
und so diktiert er die Bedingungen.
Eine Runde folgt der nächsten Runde
Keine Erhöhungen
Seit Jahren
Festgefahrene Fronten
Keiner weicht zurück
Eine neue Tarifrunde,
wie beim Boxen,
wird eingeläutet.
Ohne Klingel,
aber mit viel Getöse
und großen Ankündigungen!
Der Kampf ist hart.
Ausgetragen auf der Straße
Tarifbindung
Ein k.o.,
ein sauberer Knockout,
das wäre jetzt,
genau das Richtige!
Ausufernde Feindschaft
Es gibt Charaktere so ekelhaft,
dass man empfindet nur Feindschaft.
Widerwärtige Kreaturen,
lächerliche Witzfiguren,
sie gehören hart gestraft!
Macht eine Springseilkür
Macht eine Springseilkür
für den Ablauf entwickelt Gespür.
Ich möchte sehen viele Figuren
und denkt an die Grundstrukturen.
Geübt habt Ihr genug dafür.
Besuch beim Bankschließfach
(japanisches Tanka-Gedicht)
Die Katakomben
der Bank beheimaten das
Geheimbankschließfach.
Ein Besuch dort bildet die
absolute Ausnahme.
Aggressiver Schatten
(japanisches Tanka-Gedicht)
Farben des Zebras
Sowohl Wal als auch Delfin
Beide Flossen schwarz
Angriffslustiger Orca
mit cleverer Strategie.
Die Sanduhr
Gelber Staub gleitet dahin
durch einen Flaschenhals,
er rinnt hinab und fällt und fällt.
Unaufhaltsamer Fall
Ein Rinnsal Sand
durch ein Nadelöhr hindurch,
von oben wie Treibsand,
von unten wie Schutt.
Die Zeit rinnt mit durch den Flaschenhals,
Sekunden, Minuten und Stunden,
auch sie fallen auf den Boden.
Angezählt und ausgezählt
Vergänglichkeit im Sand
Und doch lässt es sich umkehren,
umgedreht,
die Zeit steht neu zur Verfügung,
der Sand fließt von Neuem.
Dieselben Körner
fallen nun
in die andere Richtung.
Die Sanduhr
steht auf dem Kopf,
die Zeit
steht still.
Zusammen alt werden
Es gibt dem Ehepaar Halt,
zusammen zu werden alt,
einer passt auf den anderen auf,
wenn die Zeit nimmt ihren Lauf.
So ist die Welt weniger schrecklich und kalt.
Die Zeugin, die keine werden wollte
Die Kellnerin Nina hat alles gesehen,
denn vor dem Lokal war sie draußen am Stehen.
Sie ist Zeugin des Mordes geworden
und wird belagert von vielen Horden.
Am liebsten würde sie allen dem Rücken zudrehen.
Dann eben ein Generalist!
Michael ist ein Enthüllungsjournalist,
weder Marxist noch Kapitalist.
Dann wird er vom Gericht einbestellt,
damit ein Gegner seinen Ruf herstellt.
Verteidigen muss er sich nun, der Generalist!
Viele goldige Brötchen
Früh aufstehen,
früher als jeder Vogel,
vor jedem Hahn,
vor der Sonne
zum Teigkneten.
Harte Arbeit für die Hände
Anstrengung in den Fingern
Handgelenke knacken
Der Teig zäh und unbändig,
kleine Portionen,
Brötchenform.
Oben die markante Schlucht
darf auf keinem Brötchen fehlen,
das Markenzeichen,
das Erkennungsmerkmal,
das Alleinstellungsmerkmal.
Ohne es,
ist das Brötchen nicht komplett.
Eine Art Unterschrift,
bei jedem Brötchenbäcker leicht verschieden,
individuelle Signatur,
der persönliche Backfingerabdruck.
Rein in den vorgeheizten Ofen.
Eine Glut kommt entgegen,
kurzzeitig beschlagen
die Brillengläser des Brötchenbäckers.
Die Arbeit getan
Warten
Goldig werden die Brötchen
Knusprig
Frisch
Die Streitaxt
Wenn du die Streitaxt
richtig packst
und weißt sie zu schwingen
mit scharfen Klingen,
das Gerät niemals patzt.
Wer auf eigenen Füßen steht, kann nicht sitzen
(japanisches Tanka-Gedicht)
Unabhängigkeit
statt Dauer-Bequemlichkeit
im schönen Schatten
Den harten Weg nun gehen,
als Erster ohne Hilfe.
Die Wahrheit liegt im Fischernetz
(japanisches Tanka-Gedicht)
Es sind so viele.
Alle sind im selben Netz.
Der Kutter dreht sich.
Zurück zum Heimathafen
mit gigantischer Beute.
Der schräge Showmaster
Eine schöne TV-Illusion
ein lautes Ereignis
möglichst schräg
kein Tiefgang
Moderieren, einfach drauflos,
die Show muss laufen
und vor allem weitergehen.
Im Fernsehen ist Stillstand das Letzte.
Das will keiner,
akzeptiert niemand,
das Format toleriert es nicht.
Seichte Unterhaltung plätschert
leise vor sich hin,
aber möglichst laut in diesem Fall,
sehr laut sogar.
Der Meister der Show
im Mittelpunkt des Glitzerns,
funkelnd erhaben.
Lächerliches Selbstvertrauen,
breite Brust auf der Bühne,
eine Lüge im TV,
ein Bad des Ruhmes für einen Egomanen,
der sonst so gern den Bodenständigen spielt.
Die Show findet da statt,
wo andere denken,
sie höre auf.
TV-Täuschungsshow zur besten Sendezeit
Schluss
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