Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode Januar 2013
Die Show der Revuetänzerinnen
Leicht bekleidet,
extravagant,
in einer Reihe,
alle Revuetänzerinnen.
Alle lächeln,
strahlen nahezu,
aufgesetztes Lachen,
man erkennt das Schauspiel
in jeder Mimik.
Die Vorstellung hat gerade erst begonnen.
Sie tanzen zusammen.
Ein Bein hoch
und dann das nächste,
immer abwechselnd,
immer schneller.
Das Publikum johlt,
man klatscht,
feuert die Revuetänzerinnen an.
Die Show ist auf ihrem Höhepunkt.
Eine Schaukel von oben,
eine setzt sich drauf,
die Schaukel wird angehoben,
sie schaukelt im Takt,
man klatscht im Takt,
sie tanzen im Takt.
Alles aufeinander abgestimmt,
alles synchronisiert,
ein großes abgestimmtes Spektakel,
eine Inszenierung.
Perfekt choreografiert:
Die Musik stimmt,
das Licht gedimmt.
Rosa Scheinwerfer,
sie kreisen umher,
die Schaukel verschwindet,
ein Auto fährt auf die Bühne.
Der Motor ist laut,
überdeckt für einen Moment alles.
Man tanzt um das Auto.
Vier Reifen
Zwei Türen
Ein Dach
Eine Show
Die Revuetänzerin steigt ein,
sie schließt die Tür,
fährt weg.
Die Show ist vorüber.
Rauchige Glücksspielatmosphäre
Ein schlichtes Holzhaus von außen,
zwei schwingende Türen als Eingang,
oberhalb kann man schon reinsehen,
bevor man den Saloon betritt.
Holztische, rund, überall
Eckige Kartentische
Der Tresen dominiert,
er hat den Saloon im Griff.
Hinter ihm ein Regal voller Flaschen,
verschiedene Längen und Formen,
diverse Inhalte,
das Herz des Saloons.
Der Saloon-Betreiber serviert selbst.
Ein Unikum
Der Eigentümer bedient,
der Betreiber macht sich
die Hände schmutzig?
Er scheint den Laden zu lieben.
Braunes Holz, Alkohol,
Rauchgeruch überall.
Eine Atmosphäre des Glücksspiels,
den Betreiber scheint sein Glück
nicht verlassen zu haben.
Der Politikbetrieb
Den Klüngel im Politikbetrieb,
den hat kein Wähler lieb.
Die Posten werden untereinander versprochen,
und die Omerta nie gebrochen.
Die Politik bedarf einen Wählerhieb.
Ein keltischer Brigant im Römerland
Einer von den keltischen Briganten,
die Römer ermordeten seine Mutter und Tanten,
war bei den Römern als Sklave verschrien,
doch sein Herr hat ihm seine Freiheit verliehen.
Nun hatte er einen römischen Bekannten.
Das Vogelhaus am Baum
Nicht weit entfernt vom Weg,
da wächst doch dieser Baum.
Auf eben jenem Baum,
da hängt an einem Nagel,
ein ganzes Vogelhaus.
Fast schwarz
und wär es nicht so groß,
man würd es kaum sehen.
Unauffällige Adresse,
selbst für Vögel.
Anklopfen wird keiner,
das Vogelhaus besetzt.
Zwei kleine braune Vöglein,
sie wohnen froh darin.
Dankbar ein Dach
über dem Haupte zu haben.
Viel besser als ein Nest,
vor allem bei Regen,
ideales Heim.
Genial konzipiert,
gut gebaut,
noch besser aufgestellt.
Ein Vogeltraumhaus, an diesem Baum,
an einem einzigen Nagel,
da hängt das Vogelglück.
Man dreht am Rad
Manch einer wird am Rade drehen,
wenn er mit anderen Augen die Welt wird sehen.
Es ist schon wirklich ein Mysterium,
wie die Welt funktioniert so dumm.
Der Spaß kann einem da vergehen.
Zieh den Kopf schnell ein
Zieh den Kopf schnell ein,
kürzer wirst Du sonst sein.
Ohne Dein Haupt,
Dein Hals verstaubt.
Und Du bist richtig klein.
Das disziplinierte Zusammenspiel
(japanisches Tanka-Gedicht)
Man kennt seinen Platz.
Ein lebendiges Uhrwerk.
Ordnung verbindet.
Gemeinschaft der Arbeiter:
Jeder erfüllt seine Pflicht.
Die vietnamesische Apokalypse
In Vietnam herrschte ein grässlicher Wahn!
Den Mekong hinauf mit einem Kahn,
so konnte man das ganze Desaster sehen,
nichts konnte man mehr drehen,
selbst nicht mit dem größten Elan!
Die Haute Cuisine
Die gehobene Küche,
hat gute Gerüche.
Sie bildet die Spitze,
entwirft eine Skizze,
ohne geschmackliche Brüche.
Der Pauperismus in den Städten
Erfindungen, England als Motor,
Dampfmaschine, ein Webstuhl, mechanisch,
Beispiele nur,
Veränderung, Revolution, moderne Technik,
von der Hand zur Massenfabrikation.
Vielfältige Ursachen,
die Bevölkerung nahm zu,
Wirtschaft, Gesellschaft, Politik im Wandel,
Reformen trieben dies voran,
Fabriken zahlreich in den Städten,
zogen Bauern und Handwerker an.
Alte Traditionen, soziale Sicherheit zerstört,
Unfälle, Krankheit, Seuchen,
Verelendung nahm zu.
Arbeiter ersetzbar, austauschbares Überangebot,
Billiglohn die Folge, Ausbeutung die Norm.
Massenarmut aller Orten,
Antworten sind gesucht,
auf die soziale Frage,
Lösungen müssen her.
Kirchen, Staat, Parteien,
auch Bismarck ringt um das Ziel,
Lebensbedingungen der Arbeiter zu verbessern,
Sozialgesetzgebung muss her.
Der wacklige Wäscheständer
Der wacklige Wäscheständer
wird zusammengehalten mit Bänder.
Er wippt
und kippt,
Rost an den Ränder.
Ein mit allen Wassern gewaschener Kunstdieb
Einmal gab es einen reichen Kunstdieb,
der beherrschte so manchen Seitenhieb.
Er führte etwas im Schild
und zwar Claude Monets Bild.
Doch selbst die Polizei hatte ihn am Ende lieb.
Der Hahn als Autorität
(japanisches Tanka-Gedicht)
Er beherrscht den Hof.
Autorität und Strenge
Widerspruch gibt’s nicht.
Sollte einer es wagen,
Konsequenzen folgen dann!
Von der Unendlichkeit einer Widerspiegelung
Was sich in zwei Spiegeln widerspiegelt,
hat sich so stark aufgewiegelt,
dass sich eine Bilderfolge
in unendlicher Abfolge
für alle Zeit besiegelt.
Das perfekte Kleid für den Empfang
Feiner Stoff, erlesener Tüll,
eine aparte Farbe, ein raffinierter Schnitt.
Für den Abendempfang
muss das Kleid
der Perfektion genügen.
Eine anspruchsvolle Kundin,
eine talentierte Designerin,
der Anprobenmarathon
möge beginnen.
Die Naht an der richtigen Stelle,
vollendet kleidet
der Abendkleidtraum
die stolze Besitzerin.
Das eigene Königreich führen
In Empire Earth führt man ein Königreich,
und ist besser ein harter König, als zu weich.
Der große PC-Bruder wirft seinen Schatten,
sorgt bei Sierra Entertainment für so manchen Platten.
Irgendwann ist man im Spiel reicher als jeder Öl-Scheich.
Die neue Homepage
Die neue Homepage ist ein Blog,
auf den haben die Leser Bock.
Die Blogeinträge kommen an,
ein jeder Besucher liest was er kann.
Doch ist es ein getarnter NSA-Log.
Der Entschluss mit Verdruss
Er begründete lange und klar,
was seine Pflicht in dieser Lage war.
Sein Verantwortungsgefühl stets ausgeprägt,
hat so manches weggefegt.
Auch seine Verpflichtung war immer klar,
dies ging so von Jahr zu Jahr.
Jemanden im Stich zu lassen,
oder gar gleich ganz zu schassen,
das war nie seine Maxime.
Seinem Großmut sei es Dank,
dass es so wenig gab Zank.
Und deswegen markiert dieser hässliche Entschluss
für ihn der Leitung endgültiger Schluss.
Romantisches Mittagessen muss ausfallen
(japanisches Tanka-Gedicht)
Mittagsromantik
muss warten, der Terminstress
nimmt die Oberhand.
Das geknickte Ehepaar
schmiedet einen neuen Plan.
Kopf löst Probleme
(japanisches Tanka-Gedicht)
Geriffeltes Horn
Einmal umschlungen als Kreis
Ein harter Rammbock
Schwierigkeiten wird Widder
stets mit dem Kopf angehen…
Der Lesegenuss
Dieses Buch bedeutet Lesegenuss,
ein anderes nur Verdruss.
Auf vielen Seiten
sind Buchstabenpleiten,
und allzu viel Stuss.
Lass sie gewähren
Lass sie gewähren,
hör auf sie zu belehren.
Es hat keinen Sinn
bei ihrem Benimm.
Streit wird sich mehren.
Der gescheite Neffe
In seinem Kopf ist er gescheit
trotz seiner ganzen Einfachheit,
kann er in seinem Gehirn schnell schalten,
Probleme in kleine Teile aufspalten
und sie lösen dank seiner Klugheit.
Wird Strenge auch eingehalten?
Schulregeln
In Gesetzesform
Auf dem Papier
Sehr streng
Gebundene Rechtsfolge,
so der Jurist.
Es muss geschehen.
Doch Papier ist geduldig.
Die Realität:
Sie sieht anders aus.
So streng,
ist nur das Schulgesetz.
Kein Lehrer und kein Schulleiter
Ein Auge zudrücken,
eine dritte Chance geben
und dann eine Vierte.
Nachsicht üben!
Ein verletzter Texas Ranger
Der Texas Ranger ist ein Einzelgänger
und hat zurzeit einen Durchhänger.
Bei einem Einsatz wird er schwer verletzt,
jetzt ist er wütend und entsetzt.
Nun ist er kein gefürchteter Draufgänger!
Der Leuchtturmkäfig
Auf Feuerhöhe findet sich die Linse von Fresnel
und die leuchtet so richtig hell.
Geht man hinaus findet sich kein Geländer,
sondern ein Käfig schützt die Ränder,
auf das keiner hinabfäll.
Lernen im Seminar
Das Lernen im Seminar
ist nicht gerade wunderbar.
Es wird gelärmt und abgelenkt,
man den Büchern keine Beachtung schenkt.
Das ist schon sonderbar.
Der geöffnete Brief
Es ist die alte, vergängliche Kunst,
das, was heute keiner mehr nutzt
in diesen leeren digitalen Zeiten,
einen Brief zu schreiben,
mit Umschlag und Falten.
Analog auf Papier, und blau auf weiß,
kein Bildschirm und keine Mail.
So kann man auch kommunizieren,
etwas umständlicher, doch ehrlicher.
Man empfängt den Brief im Briefkasten
und öffnet ihn sogleich.
Papier liegt in den Händen,
persönliche Handschrift: Unikat!
Wo gibt es das noch heute?
Es ist so einfach und doch so hart:
Keiner schreibt mehr Briefe.
Man schickt Mails
und löscht sie gleich.
Doch wer schreibt,
der bleibt
und das auch heute noch.
Der zu klein gewordene Louvre
(japanisches Tanka-Gedicht)
Zu eng geworden,
wenig repräsentativ
mitten in Paris.
Schlossexplosion aus allen
Nähten, mehr Raum in Versailles.
Vom unentrinnbaren Kreislauf
(japanisches Tanka-Gedicht)
Otter abgetaucht
Die Fische schwimmen ängstlich.
Einer schafft es nicht.
Jeder ernährt jeden im
erbarmungslosen Tierreich.
Der Linseneintopf
Manche Weisheiten sind Binsen,
in Österreich nennt man die Gräser Simsen.
Und manches Gericht hält bereit,
das Kind vor Entsetzen aufschreit,
einen Topf voller Linsen.
Der Schwur des Gefährten
Robert gelingt es im Gefängnis Hans zu befreien,
der wird sein Gefährte, niemand kann sie entzweien.
Dieser leistet einen Schwur,
befolgt ihn auch mit Bravour
und kann sich als erfolgreicher Lebensretter einreihen.
Unbezahlte Überstunden
In Vorleistung gegangen
Arbeitsleistung im Überschuss
Überstunden abgerissen,
doch keinen Lohn erhalten.
Unbezahlt?
Geprellt!
Um Arbeitslohn betrogen
Betrug?
Dafür hätte jemand,
getäuscht werden müssen.
Aber jeder wusste es,
von Anfang an.
Die grässlichen Spielregeln,
sie sind altbekannt.
Die Mechanismen altbewährt…
Das gestohlene Leben
Entführt wurde sie in jungen Jahren,
die Täter sind schnell weggefahren.
Die Eltern haben sie nie wieder gesehen,
nichts hat etwas gebracht, auch kein Erflehen.
Die Folter konnte ihnen niemand ersparen.
Brudermord und Flucht
Abel wird erschlagen von seinem Bruder Kain,
der wandert daraufhin in das Land Nod ein.
Irgendwann ist es ihm zu einsam geworden,
da geht er zu Set in Richtung Norden.
Jetzt ist er nicht mehr so allein.
Verdächtige Einkaufstasche
(japanisches Tanka-Gedicht)
Prall gefüllt, beschämt
in einer Ecke versteckt.
Schuheinkaufsverdacht!
Die Tasche, Zeugin eines
hemmungslosen Ausgebens.
Der Seitwärtsgang des Krebses
(japanisches Tanka-Gedicht)
Das Vorwärtslaufen,
er kennt es nicht, denn seitwärts
gehen die Schritte.
Nach vorne blicken geht nicht,
das Ziel sieht er nie kommen.
Der Sieg gegen die Barbaren
Unternehmungen abgeschlossen
Gallien militärisch befriedet
Unter dem Eindruck dieser Erfolge,
überwältigende Akklamation.
Selbst die Völker jenseits des Rheins,
erschauderten wegen seiner Siege.
Sie schickten Gesandte zu Caesar,
denn sich gutstellen, das sollte man jetzt, ganz klar.
Er war der Mann des Erfolgs,
der gnadenlosen Effizienz,
des blutigen Fortschritts.
In seiner eigenen Heimat,
da ließ er sich gigantisch feiern,
für die großen Erfolge in Gallien.
Fünfzehn Tage für ihn ein Dankfest beschlossen,
und eine Reiterstatue teuer gegossen.
Welche Ehrungen, noch niemandem je gewährt,
nur dem einen, der Roms Macht und Götter verehrt.
Intensives Vorantreiben
Motivation ist der Motor,
Disziplin der Rotor.
Nur so kommt man weiter
auf der Siegesleiter
und schießt ein weiteres Tor!
Das abgelegene Sleepy Hollow
Von New York nach Sleepy Hollow sind es zwei Tagesreisen.
Vor Ort sind erhitzte Gemüter am Kreisen.
Ein hessischer Söldner ermordet Leute,
die Dorfbewohner sind leichte Beute.
Viele verstärken ihre Türen mit Eisen.
Der Anschlag und die Frage
Christian wird 10 Mal getroffen,
da kann er nicht mehr auf viel hoffen.
Doch wie ein Wunder überlebt er
und fragt sich: „Hinter dem Anschlag steckt wer?“
Die Antwort macht ihn sehr betroffen.
Pferd aus Stein
Steinblock
Großer Quader
mächtig
kantig
schwer
Ein steinernes Ungetüm
Meißel und Hammer
sein Handwerkszeug.
So oft verwendet,
dass sie an seinen Händen
festgewachsen sind.
Ein Pferd,
es muss ein Pferd werden.
Das spürt der Bildhauer,
im Steinblock da schlummert ein Pferd.
Es wiehert,
will heraus
und befreit werden.
Was zu tun?
Er schlägt,
setzt an,
justiert nach,
klopft und hämmert
in unterschiedlichen Takten.
Eins ist klar:
Das Pferd ist bereits da.
Es ist im Stein.
Er muss es nur noch freilegen,
herausarbeiten,
betonen,
aber es existiert.
In seiner steinernen Existenz
war es schon immer da,
seit jeher.
Sein Herz pulsiert im Stein,
es galoppiert
seit ehedem.
Der Bildhauer,
der Befreier
Die drei Löwen
Die Löwen sind von der Zahl drei
und auf jedem Wappen dabei.
Three Lions lautet das Schlagwort,
das sich in die Köpfe bohrt.
Dann weiß man, England kommt vorbei.
Das gläserne Teeglas
Der Tee glänzt wie Gold,
dieses Getränk ist mir sehr hold.
Alles seh ich in meinem Glas,
daran habe ich sehr viel Spaß.
Ein Keramikbecher es niemals sein sollt.
Die andere Perspektive im Morgentau
(japanisches Tanka-Gedicht)
Riesige Tropfen
Die Blattlaus ertrinkt im Tau.
Die Sonne trocknet.
Für kleinste Wesen ist ein
Tropfen schon ein Ozean.
Der Mantel des Ghostwriters
Fremde Gedanken getarnt,
eigene Gedanken verkauft
unter fremden Namen,
aus anderer Feder.
Ein Federbetrug,
eine Buchtarnung,
Seitendiebstahl gegen Geld.
Ein Honorar
fürs Schreiben,
fürs Schweigen.
Der Autor ein Blender,
strahlend vor Kameras.
Buch in der Hand
Fragen beantwortend.
Ein Schein des Schreibens,
eine Buchillusion.
Im Hintergrund der Ghostwriter
allwissend im Dunkeln.
Keiner ahnt etwas,
niemand weiß es.
Der Geist des Schreibens
ohne weißen Umhang,
aber im unsichtbaren Mantel des Schweigens.
Seine Leistung wird gefeiert,
sein Können brilliert
und doch:
Andere profitieren
und gieren
auf seine Kosten.
Ein Jammer
Beklagen?
Nein,
er war es.
Mitgemacht!
Schluss
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