GedichteJahr 2008

Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode 02 Quartal 2008




Das Recht des Raubtiers

Ehre schnell verletzt,
verteidigt, muss sie werden,
die Fäuste fliegen.

Faustkampf
Gewalt; das Recht des Stärkeren,
gebrochene Nasen und Rippen.

Einer gegen Einen
Regeln und Kodex
Das gibt es nicht mehr.

Stattdessen Raubtiere,
treten, wenn einer am Boden liegt,
nachtreten gegen den Kopf.

Enthemmte Gewalt
Eskalation
Spirale nach oben

Keine Hemmungen
Ohne Grenzen

Der Sieger hat Recht
und kann machen was er will.

Der Straßenschläger fühlt sich wohl,
das ist seine Welt,
die versteht er
ganz und gar,
hier ist er zu Hause.

Auf der Straße hat er was zu sagen,
da gilt er als Jemand,
nicht als Etwas.





Der Dichter als Mittler

Die Verse fliegen mir zu.
Die Stimmen erklingen in meinem Kopf.
Sie sprechen, aber nicht zu mir.
Ich höre ihnen nur zu:

Der rächende König,
der verletzte Ritter,
der rasende Barde,
die sorgenvolle Herzogin,
der angsterfüllte Bauer,
der gierige Kaufmann,
die arme Bauersmagd,
sie alle reden mit mir.

Ich verleihe ihnen eine Stimme.
Ich schreibe nieder,
was sie mir als Botschaft senden.
Zu Papier bringe ich das,
was andere nicht aussprechen können.

Ich bin der Mittler.
Oder vielleicht sollte ich lieber Medium sagen?
Das Medium hört und schreibt,
horcht und versteht.
Dort, wo andere nichts sehen, höre ich etwas.
Dann, wenn andere nichts hören, sehe ich Dinge.
Ich bin der Dichter.





Von einem, der sich nicht scheren lässt

Es lebt so gern das Lama,
bloß das Scheren ist ein Drama.
Da kann es schon mal böse gucken,
oder einfach drauflos spucken.
Der Schäfer hat kein gutes Karma.





Der Limes

Der Limes markiert die römischen Grenzen,
doch ein Wachsoldat möchte seinen Dienst schwänzen.
Und so lässt er seinen Posten im Stich,
Germanen schleichen sich ein reichlich.
Sie werden Rom in Brand setzen.





Der weiße Kiesel im Schneebach

Weiß ist der Kiesel,
glattgeschliffen und eben,
so wohl geformt,
wie nur das Wasser es kann.

Er liegt am Grund,
umspült vom Wasser
des Schneebachs,
ganz tief unten.

So weiß, so rein,
dass jeder ihn für Schnee
vom Bache hält.

Der weiße Schnee des Baches,
hat ihn so schön erhellt
und doch war es kein Schnee,
schon gar nicht das des Baches,
das ihn so hell erhaben,
hat wunderschön geformt.

Das Mineral hat Farben,
so rein und wunderbar,
ja wie kein Maler malt,
so färbt ihn die Natur.

Einmalig kieselig schön,
so gänzlich ohne Makel,
des Kiesels aus dem Bache
am Grund des Wassers pur.





Unerträgliche Kopfschmerzen

Es schmerzt so unerträglich der Kopf,
direkt unter dem vollen Schopf.
Eine Tablette sollte man schlucken,
und nach einer halben Stunde gucken,
da trägt er auf dem Kopf einen Topf.





Bereite Dich für die Klausur vor

Bereite Dich für die Klausur vor,
beim Unterricht sei ganz Ohr.
Höre auf jeden Hinweis,
sei kein Naseweis.
Sei Dir selbst ein guter Mentor.





Der Schlammbeißer am Ufer
(japanisches Tanka-Gedicht)

Am Ufer beißt er,
im Schilf da wartet er nur,
er meidet alles.

Gefahr am Wasserende
Wer das Risiko nicht kennt…





Ein kleiner und leiser Meisterdieb

Bilbo Beutlin als Meisterdieb,
dies ist ihm anfangs gar nicht lieb.
Doch langsam findet er Gefallen an seiner Rolle,
ist oft draußen an der frischen Luft und Sonne.
Er verpasst Gollum keinen Schwerthieb.





Die würzige Tomatensuppe

Die Suppe aus Tomaten,
um die die Kinder baten,
ist gewürzt und abgeschmeckt,
ein jeder seinen Teller leckt.
Nachschlag will jeder, man braucht nicht raten.





Die Gilde der Kaufleute

Schutz des Eigentums,
Förderung gemeinsamer Interessen,
machtvoll abzusichern,
zu allen Zeiten angestrebt als Ziel.

Am Anfang ein Schwur,
besiegelt der Zusammenschluss,
von Kaufleuten und Händlern der Stadt,
als Gilde bekannt.

Die Entwicklung ging schnell,
Monopole geschaffen,
immer einflussreichere Gilden,
erwarben politisch die Macht.

Städte unter Kontrolle,
von großen Familien beherrscht,
in Italien die Medici,
Fugger und Welser in Deutschland,
halten in Florenz, Augsburg und Nürnberg die Macht.





Der Küchenschrank mit Schaben

Man möchte sich mit Essen laben,
doch findet man im Küchenschrank nur Schaben.
Sie laufen um das Essen umher,
vermehren sich immer mehr,
bis dass sie den Schrank in ihrer Gewalt haben.





Der grausame Chef des Nachrichtendienstes

Der Chef befehligt auf seinem Gebiet,
jeder Gegner versteckt sich oder flieht.
Das sollte er auch besser machen,
denn mit dem Chef lässt sich nicht lachen.
Er lässt foltern und gern dabei zusieht.





Ein luftiger Raubzug
(japanisches Tanka-Gedicht)

Beginn des Raubzugs:
Vom Silber angezogen
Das Blinken reizt sie.

Ein Dieb, der fliegen kann, ist
ein Dieb, der nie erwischt wird.





Eine Traumfrau im Albtraum

Hat man sich im Bett aufgebäumt
und so richtig schlecht geträumt,
hat der Albtraum dennoch etwas Gutes,
ihm wurde seine Traumfrau gezeigt, frischen Mutes.
Das hätte er sich niemals erträumt!





Abend am Meer

Der Abend ist mild,
die Luft ist still,
das Meer glänzt dunkel,
die Wellen rollen langsam und leise
wie lange Lichterketten zum Strand.

Letzte Wolken stehen still und einsam am Horizont.
Die Sonne ist halb versunken
in der unendlichen Weite des Meeres.
In ihrem letzten Schein glüht die See rot und gelb,
der letzte Schein wirft lange Schatten.

Felsen ragen dunkel, schwarz und drohend gegen den Himmel,
ihre Schatten zeichnen groteske Bilder.
Der letzte Schein der Sonne verglüht im Meer,
rot und gelb gemalt der Horizont.

War dort ein grüner Punkt?
War es Einbildung, hab ich es gesehen?
Wer weiß es schon?





Fortschritt durch Zivilisation

Aufgebaut werden immer neuere Zivilisationen,
denn Fortschritt wird sich hier immer lohnen.
Eine neue Technik wird erlernt,
das Mittelalter ganz entkernt.
In Städten eine gehobene Schicht wird wohnen.





Ein schnittiger Schlitten

Der Weihnachtsmann hat einen Schlitten,
mit ihm ist er so oft über das Eis geglitten.
Das beste Eisen für die Kufen,
und auch das Beste für die Rentierhufen.
Damit hat er so manche Kurven geschnitten.





Ausgehoben und vorbereitet

Wie hebt man aus?
Die kampferprobten Legionen?
Das Rückgrat des Römischen Reiches

Die Kriegskunst zu erlernen,
die Schild-Formationen einzuhalten,
die Kampflinien, bereit zum Gefecht.
Vorwärts in geschlossenen Linien!

Die Stellungen durch Schanzen verstärkt,
graben und befestigen.
Gute Handwerker gefragt!
Geschickte Hände,
die nicht nur kämpfen,
sondern formen und bauen.

Auch Hilfstruppen gehören dazu,
manch regionale Eigentümlichkeit.
Fährtenleser und Kundschafter

Ihre Legionslager entlang den Grenzen,
sie sichern die Zivilisation,
den Wohlstand Weniger,
die Arbeit aller.





Eine Schachtel für eine Million Dollar
(japanisches Tanka-Gedicht)

Wo passen denn wohl
Eine Million Dollar rein?
In diese Schachtel
aus Pappe finden alle
Scheine bequem Platz.





Der kupierte Dobermann
(japanisches Tanka-Gedicht)

Ohrenverletzung
Ästhetik-Misshandlung pur.
Halter rücksichtslos.

Die ganze Tierquälerei
für spitze Teufelsohren?





Das Telegramm

Es erreichte ihn ein Telegramm,
gebrochen ist der Damm.
Das Wasser, es läuft aus,
beschädigt Hof und Haus.
Auf dem Feld ist ertrunken ein Lamm.





Wir sehen uns bestimmt wieder

Wir sehen uns bestimmt wieder,
als Karnevalsvereinsmitglieder.
Vielleicht verkleidet als Clown
oder als stolze Pfauen
mit einem riesigen Gefieder.





Eine Papiernachricht als dunkler Vorbote

Diese wenigen düsteren Zeilen
mahnen uns sich zu beeilen.
Das Telegramm von dort droben,
scheint zu sein ein schlechtes Omen.
Wir sollten nicht länger verweilen!





Die lange Rufmord-Kampagne

Es ging langsam los.
Der stete Tropfen
höhlt den Stein
und alles andere auch.

Stetig ging es weiter
mit der Rufmord-Kampagne.
Immer wieder, wohl dosiert

Ein langsames Gift,
ein durchdringendes Gift.
Eines, das garantiert tödlich wirkt.

Es muss nur
lange genug
ausgestreut werden.

Die Dosis und die Dauer,
sie beide,
sie machen das Gift.





Immer Ärger mit der Kreditkarte

Das Hotel glaubt, ich hätte die Kreditkarte gestohlen,
drum versuchen sie mich zu versohlen.
Doch ich kann mit einem Trick entkommen,
zwar ich bin noch ganz benommen,
dennoch meide ich ab jetzt jegliche Metropolen.





Die Steine im Vorbeet

Im Vorbeet liegen Kiesel,
das gefällt nicht dem Wiesel.
Erde hätte er lieber,
das entspricht seinem Jagdfieber.
Drum verschwindet er auf den Zwiesel.





Poseidon

Poseidon befehligt das Meer,
besiegt so manches Heer.
Er sorgt für Wellen,
erschreckt sogar Forellen,
und hat einen Dreizack-Speer.





Ein Gartenstuhl im Hagel

Körner so groß wie Golfbälle,
so hart wie Stahlbälle,
weiß wie Schnee,
kalt wie Eis.

Geschosse, aus den Wolken abgeworfen,
gelandet wie Bomben auf der Erde.

Im Garten der einsame Stuhl,
niemand hat ihn reingeholt
oder unters Dach gestellt.

Schutzlos dem Hagel ausgeliefert,
die Bälle prasseln auf ihn herab.

Druck und Gegendruck
Wie Einschusslöcher mitten in das Weiße

Der Stuhl bricht zusammen
unter diesem Beschuss,
die Beine brechen weg,
das Gleichgewicht schwankt.

Krachend fällt die Lehne zu Boden,
doch damit nicht genug:
Die Golfbälle verstärken ihren Angriff!

Auf der Erde liegend
gibt der Stuhl nun ein
noch besseres Ziel ab.

Nicht lange
und er ist
von Hagelkörnern bedeckt,
nur das Weiß,
das ist geblieben.





Die drei Stände
(japanisches Tanka-Gedicht)

Von Gott gegeben,
von der Noblesse bestätigt.
Segen des Königs.

Gesellschaftsordnung in drei
äußerst ungleichen Schichten.





Die grausame Gemütlichkeit
(japanisches Tanka-Gedicht)

Unterirdisch gut:
Fuchsbau weiß zu überzeugen.
Gemütlichkeit pur

Hier enden manche seiner
Opfer mit Qualen und Angst.





Die Schlagsahne

Auf dem Kuchen die Schlagsahne,
ist wie auf dem Mast die Fahne.
Es gibt dem Ganzen die Krone,
es sich so sehr lohne,
ich zur Esszurückhaltung mahne.





Der kauzige Gefängniswächter

Christian ist ein Gefängniswächter
und sorgt für viel Gelächter.
Auf einige Insassen muss er besonders aufpassen,
aus Versehen verriegelt er die Tür beim Einlassen.
Beim Gewehrschießen ist er kein Schlechter.





Eine Waage im eklatanten Ungleichgewicht

Ausschlag der Waage
Diagnose: Ungleichgewicht
Anzeige eindeutig

Das Leben und die Arbeit,
nicht gut austariert.
Das eine zehrt,
das andere auf.
Work-Life-Balance im Ungleichgewicht

Eins existiert auf Kosten,
des anderen.
Ins Gleichgewicht bringen,
so lautet die Devise.

Ein Kunststück,
in so hektischen Tagen,
wie diesen.





Neuerungen auf der Technikausstellung

Die Technik, die geht immer weiter,
neuste Chips und Halbleiter,
so richtig kann man kaum noch folgen,
es glänzen die Rohre und dampfen die Kolben.
Das ängstigt vor allem die einfachen Arbeiter.





Hänge Dich an die Ringe

Hänge Dich an die Ringe,
vergesse alle Dinge.
Nun bringe Dich kopfüber,
der Blick wird etwas trüber.
Die Durchblutung Deiner Füße ist geringe.





Im falschen Viertel aufgekreuzt!
(japanisches Tanka-Gedicht)

Die Viertel sind klar
verteilt, keine Bande darf
Grenzen verletzen.

Das gegnerische Viertel
wie ein fremder Kontinent.





Die heiße, heilende Quelle
(japanisches Tanka-Gedicht)

Wer badet gern heiß?
Die Kälte schnell vergessend.
Der Urquell so warm.

Sie kennen die heilende
Kraft der Wärme nur zu gut.





Der garende Kochtopf

Alltagsgegenstand,
jeden Tag im Gebrauch,
Abnutzung durch täglichen Gebrauch.

Einsatz in der Küche
auf dem Herd,
der Topf, er gart
langsam vor sich hin.

Ein monotones,
leises Zischen,
stetig aber
unaufhaltsam
hat die Wärme das Wasser
zu Dampf gemacht.

Umwandlung!
Elemente werden geändert,
neu zusammengesetzt.

Verloren geht nichts,
es köchelt und dampft:
Physik auf der Herdplatte.

Ohne Induktion,
die gute, alte Zeit des Garens.

Der Wandel der Stoffe
führt zu neuen Stoffen,
so auch im Topf.

Es braucht Geduld,
die muss man haben,
im Alltag
in der Küche
im Topf.





Wie hält man einen geliebten Menschen am Leben?

Vergessen darf man ihn nicht,
weder sein Wesen noch sein Gesicht.
So hat man ein schönes Andenken,
in das man sich kann geistig versenken
mit mancher schönen Einsicht.





John Shaft aus New York

John Shaft versucht die Straßen sauber zu halten.
Dabei droht die New Yorker Polizei sich zu spalten.
Einige Kollegen sind korrupt
und haben sich als Kriminelle entpuppt.
Shaft kann nicht mehr wie früher schalten und walten.





Ein Mädchen schwört Rache

Der Vater vom Mädchen wurde umgebracht,
aus einem Hinterhalt mit Niedertracht.
Sie möchte den Täter am liebsten richten
und braucht dabei Hilfe von keinen Leichtgewichten,
damit der Plan auch ist vollbracht.





Die Dachkontrolle

Schwarz wie die Nacht,
so ist er angezogen.

Schwarze Kluft
Schwarzer Rucksack

Groß gewachsen,
blondes Haar,
der Schornsteinfeger klingelt
und ist da.

Die Therme kontrollieren,
den Kaminschacht auch,
zur Sicherheit der Bewohner des Hauses.

Vogelnester,
die unterschätzte Dachgefahr!

Vergasungen schon oft geschehen,
furchtbarste Unfälle,
Tragödien gar,
die gilt es zu verhindern.

Einige Messungen
Hightech heutzutage
Fortschritt beim Schornsteinfeger

Der Kamin gereinigt,
ganz klassisch,
mit dieser Kugel aus vielen Spitzen.

Schön zu sehen,
dass manches bleibt.

Kontinuität auf dem Dach,
Tradition und Moderne,
vereint in einer Person:
der Feger des Schornsteins.





Die Rennspieß-Lanze

Die lange Rennspieß-Lanze
trägt den Siegerkranze,
hat jeden Ritter umgehauen,
sorgt für Entsetzen und Grauen.
Der Sieger bittet zum Tanze.





Der Tod, als einzig möglicher Ausweg?
(japanisches Tanka-Gedicht)

Einen Abschied als
eine Lösung zu sehen?
Welch Fehleinschätzung!

Ausflüchte gibt es viele.
Einmal etwas ertragen…





Nessie aus Loch Ness
(japanisches Tanka-Gedicht)

Ein Ungeheuer
Im Süßwassersee Loch Ness
Aus Meerestiefen

Es existieren Bilder,
doch keines davon ist echt.





Das wahrhaft Außergewöhnliche

Wird man Teil von einem Wunder,
läuft es nicht rund, sondern runder,
kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus,
dann schenkt man eine Menge Applaus
und brennt vor Freude wie Zunder.





Die Krise der Journalistin

Digitalisierung der Zeitungswelt
Online-Journalismus

Jahresabo,
aber nicht gedruckt.

Online
einloggen und lesen.

Auflage geht zurück
Online-Anzeigen kein Äquivalent

Stellenstreichungen
Viele mussten gehen.

Sie auch
Arbeitssuche vergebens
Die Branche leidet,
es kriselt in den Zeitungsredaktionen.

Problemlösung weit entfernt
Das Internet schädigt dem gedruckten Wort.

Die Überzeugung, dass Online nichts kosten darf,
alles umsonst,
nicht dafür bezahlen müssen.

Diese Einstellung zerstört
ganze Redaktionen und sogar Zeitungen.

Mentalitätswandel für Qualitätsjournalismus,
den es nicht gibt,
weder Wandel noch Qualität.

Spirale nach unten,
Abwärtsbewegung der Druckerschwärze,
Tablets statt aufgeklappter Zeitungen.
Die Digitalisierung findet erste Opfer.
Redaktionsschluss





Schluss

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