GedichteJahr 2011

Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode 04 Quartal 2011




Extrem belastete Stimmbänder

Singen, sagen die einen,
trällern, die anderen,
kreischen, wieder andere,
vor allem Voltaire.

Aus tiefster Kehle die hellsten Töne,
eine Notenleiter
ins Unerreichbare gesteigert,
ohne Überbrückung,
ein melodischer Guss,
aber nicht immer Genuss.

Manche Schieflage
Viele Misstöne

Die Opernsängerin,
sie vergreift sich im Ton,
nicht nur einmal.

Stimmbänder
gereizt bis zum Exzess,
Extrembelastung
für Hals und Ohr.

Halsschmerzen?
Besser nicht,
das Krächzen wäre unerträglich.

Körperlich fordernd
für Opernsängerin und Publikum,
wenige Pausen,
viele Auftritte.

Aufzehrend
Reisen in alle Welt
Auftreten vor Fremden
Singen in allen Häusern
Ein Auftritt jagt den nächsten.

Eine Reise, die nächste,
der Ton muss stimmen,
die Note sitzen,
der Text auch,
wenngleich ihn keiner versteht.

Singen ohne Text,
ohne Notenleiter,
in die Höhe,
in die Tiefe,
rauf und runter.
Folter
Fragt sich für wen?





Viele Ländereien in einer Hand

Ländereien in Hülle und Fülle,
so lange das Auge reicht.
Wälder, Dörfer und ein Schloss,
all das steht darauf.

Viele Pächter
arbeiten auf den Feldern,
sie wohnen in Baracken.

Ein Fluss
durchquert das Dorf.

Gestank in den Straßen,
Trostlosigkeit unter den Dächern,
all das steht ebenfalls darauf.

Den Großgrundbesitzer
kümmert das wenig,
ihm gehört es schließlich alles.

Die Länder gedeihen und florieren
und werfen mächtig was ab.
Er selbst hat dafür
auch hart gearbeitet.

Ehrliche Arbeit: Das Besitzen
und viel Verantwortung!

Wer würde schon gerne
mit ihm tauschen?

Die Pächter?
Das Wasser könnten
sie ihm nie reichen,
ihm gehört doch
schließlich alles.





Kurz vor der Wahl

Kurz vor der Wahl seh ich das Plakat,
mit dem Kandidaten, der seit vier Jahren versagt.
Neue Versprechen werden gemacht,
der Wähler sich nach einem Blick totlacht.
Was für ein Politik-Schwachmat.





Neros Feste

Er feierte gerne berauschende Feste,
für das Volk hatte er lediglich Reste.
Er pflegte nur das Kostbarste zu essen
und war von Luxus wie besessen.
Für Roms Zukunft hielt er sich für das Beste.





Die Eiche mit der entfernten Rinde

Die Haut des Menschen
Schutz
Ein eigenes Organ,
recht zäh und große Selbstheilungskräfte.

Die Haut des Baumes
seine Rinde,
sein Mund,
seine Nahrungsaufnahme.

Die Wurzeln, sie ziehen das Wasser,
ganz tief
von unten aus der Erde.

Es fließt hinauf,
langsam und sicher
durch seine Rinde transportiert,
hinauf, hinauf zu der Krone,
zu Ästen, Zweigen, Blättergewand.

Die Blätter trinken das Wasser.
Nur so, da lebt der Baum.

Doch:
Baummord!
Die Rinde im Kreis
um den Stamm entfernt.

Einkerbung
360 Grad
Vertiefung einmal ganz darum

Das Wasser still es steht.
Ein Staudamm des Todes
Ein langsam tödliches Austrocknen

Vertrocknen,
verdursten,
ein toter Baum.
Mord!





Die Sicherheitsfirma

Für Sicherheit da ist gesorgt,
wenn die Firma das Geld des Steuerzahlers borgt.
Statt das Militär führt sie nun den Krieg
und hat alles im Blick nur keinen Sieg.
Die Souveränität ist nun endgültig fort.





Tanz mit mir

Tanz mit mir
auf dem Pier.
Du kennst die Schritte
verpass mir keine Tritte.
Sei ein Kavalier.





So klein, so mächtig
(japanisches Tanka-Gedicht)

Alles gefressen!
Der Schrank ist geschlossen leer.
Nur eine Motte.

Gewütet hat sie allein,
einzige Zerstörungskraft!





Der Präsident in der Air Force One

Nach einem Staatsbesuch fliegt er zurück,
doch hat er leider nicht allzu viel Glück.
Terroristen kapern sein Flugzeug ungeniert,
die Hoheitsgewalt er verliert.
Er erobert sein Flugzeug zurück, Stück für Stück.





Der hochnäsige Kellner

Der neue Kellner ist hochnäsig,
und dazu auch noch richtig bräsig.
Da vergeht einem der Appetit,
wenn man ihn nur kommen sieht.
Außerdem riecht er ziemlich käsig.





Die Kräuterkunde

Dagegen ist kein Kraut gewachsen,
in Kurzform das Problem,
Pflanzen zu kennen, Kräuter zu sehen,
die Wirkung zur Heilung,
Eigenschaften, der Verwendungsbereich,
als Heilkunde zu verstehen.

Kräuter zu nutzen,
ihre Wirkung zu sehen,
seit altershehr gebräuchlich,
auch als Würze im Essen zu verstehen.

In der Küche zu nutzen,
in der Hausapotheke als Medizin,
die richtigen Kräuter,
im Kräutergarten zu ziehen.





Der heruntergefallene Feuermelder

Der Feuermelder ist am Boden zerschellt,
anstatt dass er das Feuer meldt.
Er liegt darnieder in Bruchstücken,
die Feuerwehr wird nicht anrücken.
Keiner weiß, dass das Feuer schwelt.





Ein Stehaufmännchen richtet sich auf

Oftmals ist das Glück so rar,
dass ein Stehaufmännchen, soviel ist klar,
bessere Chancen im Leben hat,
als jemand, der glücklich ist und satt.
Manchmal ist das Schicksal aller Vernunft bar.





Die Wachtel und das Ei
(japanisches Tanka-Gedicht)

Stets im Blick das Ei.
Für sie der wertvollste Schatz.
Um nichts in der Welt!

Das Universum dreht sich
nur noch um diesen Nestbau.





Wenn die Stadt Kopf steht

Mit dem Weltmeistertitel in den Händen,
kann sich Freude zum Schlechten wenden.
Es werden Schaufensterscheiben zerschlagen,
dann folgen noch ganz andere Plagen.
Verrückte scheuen nicht zurück vor Bränden.





Die Fassade des New Yorker Stadthauses

Eine kühle Sandsteinfassade,
der alten Welt entliehen,
Verzierungen der künstlerischen Art.
Eine Gargoyle späht hinab,
ein Sims ächzt
unter der Last der
überbordenden Verzierungen.

New York, die Elegante,
die Mondäne unter den Stadthauszirkeln.
Ihre Fassaden – Vortäuschung
einer perfekten Welt,
Lug und Trug in Steinform.





Das Half-Life-Fieber

Gordon Freeman ist MIT-Physiker,
und hat einen zähen Charakter.
In Black Mesa ist einiges schiefgelaufen,
die U.S. Marines sind aufgelaufen.
Jetzt muss sich Gordon verhalten geschickter.





Wenn Noten durch die Lüfte tanzen

Im Advent ertönt das Klavier,
wie eine Art musikalischer Saphir.
Die Noten fliegen durch die Lüfte,
vermischen sich zu einem der schönsten Düfte.
Dies ist des Musikers Revier.





Das entscheidende Konsulatsjahr

Tief besorgt durch die Entwicklung,
Kriegsrat und die Zenturionen einberufen,
höchste Ränge sind gefragt.

Leichtfertig verscherzt die Gunst Roms,
leichtfertig auch sein Schicksal,
aus Übermut in den Krieg?

Was ist zu fürchten dann,
wenn Wahnsinn grassiert,
wenn Umsicht vergessen,
wenn niemand mehr keinem traut?

Große Bedenken wegen der Lage,
Niederlage und Flucht ganzer Landstriche.
Durch den langen Krieg,
der Erschöpfung nahe,
Zerstörte Lagermauern und garstige Sümpfe,
viele Monate lang.

Die Legionen allein,
sie können das Blatt noch wenden,
doch dafür muss man erst,
den Krieg im Innern beenden.

Des Konsuls Jahr,
es sollte das entscheidende werden,
vielleicht wird es nun
das letzte seiner Art.





Ein Mann mit dubioser Vergangenheit
(japanisches Tanka-Gedicht)

Herausgetreten
aus dem Schatten, die Halbwelt
haftet ihm stets an.

Seine Vergangenheit wird
seine Zukunft bestimmen.





Die einsame Wildheit
(japanisches Tanka-Gedicht)

Massive Gestalt
Muskelberge eines Stiers
Wild und ungezähmt

Auf seinem Feld steht keiner,
allein hält er es nur aus.





Das runde Fenster

Das Fenster ist nicht eckig, sondern rund,
und noch dazu kunterbunt.
Der Rahmen ist orange
mit einer Gelb-Melange.
Das interessiert wiederum den Hund.





Begleite mich beim Treffen

Begleite mich beim Treffen
mit meinem Neffen.
Das kann so langweilig werden,
wie nichts anderes auf Erden.
Der heißt übrigens Steffen.





Völlige Selbstaufgabe – Die einzige Chance zu entkommen

Sich selbst in den Hintergrund zu stellen,
sich zur Aufopferung zu gesellen,
sein „Ich“ gänzlich aufzugeben,
so erlangt man den höchsten Segen
und kann seinen Geist erhellen.





Aussichtschancen trüben sich ein

Frischer Absolvent
Gerade aus der Uni.
Und nun?
Das Berufsleben,
könnte man meinen.

Doch ein Praktikum
nach dem nächsten
und kein Ende in Sicht.

Dauerpraktikant!
Der neue Beruf:
Ausgenutzt und unterbezahlt.
So endet das Studium.
So beginnt das Leben!

Es trüben sich ein,
die einst herrlichen Aussichtschancen!
Vorüber die Aufbruchstimmung





Beim Kaiser in Ungnade fallen

Einst war Heinrich ein mächtiger Mann,
doch dann fällt er tief, wie nur er es kann.
Mit dem Tod von Unschuldigen tritt ein Umdenken ein,
der Kaiser regiert jetzt ganz allein.
Für Heinrich endet es mit einem Hof-Bann.





Die verfallende Scheune im Sommer

Es ist Sommer und die Scheune verfallen,
dieser Vintage-Stil mag keinem gefallen.
Die Farbe ist gänzlich abgeblättert,
das Tor aus der Verankerung geschmettert.
Innen gammeln noch einige Heuballen.





Der Bachelor of Arts

Ein Abschluss wie Sand am Meer,
man reiht sich ein in das Studentenheer.
Mit der Bologna-Reform
geht man konform.
Es fällt nicht schwer.





Die Bedachung mit den Einkaufswagen

Mehrere Reihen
Im Stahlzaun gefasst

Am Ende der Reihe eine Kette,
sie ist der Ankerpunkt,
der Ursprung der Reihe,
die erste Ursache sozusagen.

An ihr die Befestigung,
die die Einkaufswagen zusammenhält.

Wagen hinter Wagen,
eingeschoben, abgestellt

Kleine Ketten folgen
und halten die Reihe
so zusammen.

Ein ganzes Gebilde entsteht.

Mehrere Reihen werden geformt,
stabil und mobil an der Kette.

Oberhalb das billige Dach,
hält den Regen notdürftig ab.

Stahl an Stahl kracht aufeinander,
doch die Kette regelt es,
ohne, was ein Durcheinander,
alles wäre nur noch nass.





Man debattiert
(japanisches Tanka-Gedicht)

Der Meinungsaustausch:
Er findet so rege statt.
Debattenkultur.

In Cafés und Salons glüht
die Luft vor Politikstreit.





Der letzte Purzelbaum
(japanisches Tanka-Gedicht)

So sehr gelenkig,
dass er rollt statt zu laufen.
Ein Abgrund lauert.

Akrobatik kann auch ein
sehr schwerer Nachteil werden.





Die Bratwürstchen mit Rotkohl

Rotkohl mit Bratwürstchen,
brat ich mit meinem Schürzchen.
Das Öl spritzt aus der Pfanne weit,
und landet meist auf beiden Armseit.
Ich garniere mit einem Gewürzchen.





Robin von Locksley

Robin kehrt von den Kreuzzügen zurück,
ihn und seiner Familie hat verlassen jedes Glück.
Der Sheriff hat seinen Vater ermordet
und das Land auf sich eingenordet.
Doch Robin holt sich alles wieder: Stück für Stück.





Von Gong zu Gong

Morgens klingelt der Gong.
Und mit ihm die Ohren
Eine lang ersehnte Pause
Für alle eingeleitet

Manche frühstücken
Andere schlafen
So mancher sehnt den Abend herbei.
Zeitliche Unterbrechung
Die Frühstückspause im Betrieb

Neubeginn der Arbeit
Mittagspause
Das nächste Ziel

So hangelt man sich durch,
von Stunde zu Stunde,
von Gong zu Gong,
von Pause zu Pause
durch den Arbeitstag hindurch.





Vom Technikvisionär zum Einsiedler

Früher hat er große Erfindungen gemacht,
heute er allein in seiner Kammer lacht.
Vom Visionär zum Einzelgänger
und noch dazu ein richtig strenger,
was ein Schicksalsschlag aus einem macht!





Dungeons & Dragons

Verliese und Drachen,
hier kann man einiges machen.
Mit Regelbüchern, Charakterbögen im Haus,
oder mit Tastatur und Computermaus.
Die unendlichen Möglichkeiten sind zum Totlachen.





Im sicheren Bahnabteil
(japanisches Tanka-Gedicht)

Ruheoase,
Sicherheitskokon für den
nervösen Fahrgast.

Ein Bahnabteil bleibt einfach
der Reisesuperlativ.





Die Perle der Muschel
(japanisches Tanka-Gedicht)

Ihr Schatz im Inneren.
Der Perle Reinheit strahlt hell.
Der Glanz verbleicht nicht.

Im Kern die Unberührtheit
der zauberhaften Natur





Die Milde und die Güte

Ein freundliches Wort für alle,
eine nette Geste für die Nächsten,
ein höfliches Verhalten für ihre Umwelt.

Ihre Milde strahlt aus dem Gesicht,
verlogen ist sie nicht.
Ihr Lächeln überragt alles,
die Güte übertrifft das Höchste.

So ein freundliches Wesen,
sie lächelt als sei nichts gewesen.
Trotz hartem Alltag ist sie immer
zu ihrer Milde stets bereit.





Schmerzliche Schreie der Folter

Sie gellen durch die Nacht,
das ganze Dorf in Obacht.
Ist dies ein Überfall
oder nur ein neuer Anfall?
Der Vater steht schwer im Verdacht.





Tief gefallen, in schlechte Kreise

Irina wird hinterrücks vergiftet.
Sie ist vom rechten Wege abgedriftet
und dabei in schlechte Kreise geraten.
Nun wurde sie von diesen verraten.
Ihr Grab ist geheim und unbeschriftet.





Ein Postbote in seiner Heimat

Amiens ist Antoines Heimat,
vor seinem Mund nimmt er kein Blatt.
Er arbeitet als Postbote,
trinkt viel und erzählt manche Zote.
Seine Arbeit hat er gründlich satt.





Ein rettendes Doppelpedal?

Das Doppelpedal
rechts beim Beifahrer
ständig in Benutzung,
um das Abwürgen zu verhindern.

Der Fahrlehrer starrt mehr auf sein Smartphone,
als auf die Straße,
wartet auf Anruf,
den seiner Frau.

Mit den Gedanken woanders,
den Verkehr nur aus den Augenwinkeln wahrnehmend,
mehr unbewusst.
Der Fahrschüler macht das schon!

Eine Auffahrt
Beschleunigung
Spurwechsel
Plötzliche Vollbremsung
Von hinten fährt ein Auto auf

Der Fahrlehrer legt sein Smartphone weg.
Beschimpfungen
Zurechtweisungen
Sinnloses Bremsen
Überreagiert

Doch wo sei er eigentlich gewesen?
Ja, er, der Fahrlehrer!
Kleinlaut,
nur den Bildschirm vor Augen,
die Straße ignoriert.

Polizei
Unfallaufnahme
Versicherung
Achtgeben





Eleonore von Aquitanien

Eleonore von Aquitanien war sehr resolut.
Ihr fehlte nie der Mut.
Sie war eine große Persönlichkeit,
nutzte geschickt jede Möglichkeit.
Löwenherz stammt aus ihrem Blut.





Die Gnädigste, die Teuerste, die Beste

Anreden mit Stil
gibt es wie Grün am Nil:
Es gibt viele Varianten
für Ehefrauen und Tanten,
manche gut, andere debil.





Das außergewöhnliche Muster
(japanisches Tanka-Gedicht)

Seltenes Muster
Weiße Kreise teilen ihn.
Orange aufgefüllt.

Was für eine Bedeutung?
Welcher Sinn steckt dahinter?





Die langersehnte Anerkennung

Hat man diszipliniert seine Vorgaben erreicht,
man sich ermüdet durch die Haare streicht.
Der Chef auf die Schulter klopft,
man auf eine Beförderung hofft,
nur diese Anerkennung ausreicht.





Lebensunterhalt mit Geistesschätzen

Von Büchern umgeben,
ein Leben für Bücher.

In ihnen
die Geschichten,
alle gelesen.

Schätze des Geistes
Universen an Phantasien
unbegrenzte Welten
neue Horizonte

Auf schnöden Seiten,
da liegt ein wahrer Schatz.

Die Buchhändlerin weiß sie zu schätzen,
zu bewahren
im Kopf
und leider auch zu verkaufen.

Lebensunterhalt
Bücher an den Mann bringen
und an die Frau.

Werk für Werk anpreisen,
manche verschleudern.
Es tut weh,
kostbare Seiten so wegzugeben
auf diese Art, des Geldes wegen.

Seiten für Geldscheine
unangemessen,
vor allem bei guten Titeln.

Ein Etikett auf dem Buchrücken
Verschandelung des Werkes
Ein Fremdkörper in der Phantasiewelt

Unpassend raumgreifend,
fast zerstörend,
die Seiten schändend,
das steht fest.





Schluss

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