Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode März 2013
Heilung von Tieren
Keine gewöhnlichen Patienten,
bissiger als sonst,
weniger mitteilsam,
aufmerksam beobachtend,
stets misstrauisch.
Einfach hat er es nicht,
der Tierarzt mit seinen Patienten.
Viele Katzen,
noch mehr Hunde,
selten Vögel,
meistens Papageien.
Warum?
Das weiß der Tierarzt selbst nicht.
Wenigstens einige, die sprechen,
wenn auch immer dasselbe,
nicken eifrig,
wollen den Käfig aber überhaupt nicht verlassen.
Wellensittiche sind meistens noch scheuer.
Exotische Tiere kommen auch,
sogar Giftschlangen.
Ein Highlight war ein kleiner Alligator.
Das Tieramt hatte ihn mitgebracht.
So sieht also eine Beschlagnahme aus.
Grün, schuppig, funkelnde Augen,
aber auf ihre Art ausdruckslos,
archaisch,
so wenig in diese Welt passend.
Ein kleiner Dinosaurier,
was für ein Fang,
zum Glück einmalig.
Es gibt Grenzen,
vor allem in der Praxis.
Der Tierarzt ist nicht
für den Dschungel ausgerüstet.
Alltag in der Tierpraxis
Einen eigenen Sohn als Opfer?
Blutiges Handwerk
Werkzeuge des Todes
Wie viele starben durch seine Arbeit?
Bedarfsdeckung,
so seine Beruhigung.
Es gibt einen Markt,
er ist Produzent.
Nachfrage regelt das Angebot.
Außerdem noch:
Wäre er weg?
Andere kämen!
Ein leerer Platz
wird schnell besetzt.
Es ist eben die Nachfrage,
Marktwirtschaft,
rücksichtslos, erbarmungslos.
So werden Länder erobert,
so Kriege gewonnen.
Er tut etwas Gutes.
Sinnhaftigkeit
Ehrlich Arbeit; ehrlich Brot
Der Waffenmacher
legt sich zu Bett.
Sein eigener Sohn
ist erschossen worden
durch eine Pistole
aus eigener Produktion.
Todesfall
Produktionsunfall
So etwas geschieht
auf dem Markt.
Die Diätenerhöhung
Für die Bevölkerung ist eine Lohnerhöhung fern,
doch die Abgeordneten mögen‘s für sich gern.
Drum werden die Diäten steigen,
und dazu werden sie dann schweigen.
Genau darum geht es doch im Kern.
Lucillas Ende auf Capri
Commodus und seine Intrigen,
mag Lucilla nicht billigen.
Doch kann sie sich nicht behaupten,
aus Angst er würde sie enthaupten.
Auf Capri wird man sie beseitigen.
Das Bett des Waldbaches
Blätter und kleine Steine,
schnell aus dem Weg gespült.
Ein klammer, feuchter Boden
den Weg weisend.
So fließt das Wasser,
der Waldbach kennt den Weg.
Geflossen ist er ihn,
schon hunderttausendmal
auf immer gleicher Weise,
ja stets denselben Gang.
Er kennt jede Abkürzung,
jede Biegung,
jedes Gefälle.
Weiß um tückische Stellen,
die selbst er besser umfließt.
Helfen, das macht die Schwerkraft,
natürlicher Beschleuniger.
Der Regen,
sein natürlicher Unterstützer.
Tausend Helfer hat er zur Hand,
kleine Bäche und noch kleinere Pfützen,
alle ziehen am selben Strang.
Und so wird freigelegt
und schön geformt
des Waldbaches Bett.
Geruhsame Nacht!
Die Schulzeit
Die Schulzeit war gar nicht so schlecht,
zwar lernte man mehr schlecht als recht.
Und doch war‘s eine gute Zeit,
jedoch begriff‘s man später weit.
Die Schule ist ein richtiger Hecht.
Halte mir die Tür auf
Halte mir die Tür auf
bei dem Raumeinlauf.
Die Höflichkeit gebietet,
dass man dem anderen das Aufhalten anbietet.
Schließ die Tür mit dem Knauf.
Die hinterhältige Heuschrecke
(japanisches Tanka-Gedicht)
Eine Invasion.
Die Blätter weggefressen!
Der Schwarm zieht weiter.
Nichts wird übrig gelassen!
Von Neuem startet das Spiel…
Grauen in Kambodscha
Das Grauen in Kambodscha hatte ein Gesicht,
das von Pol Pot im blutigen Zwielicht.
Mit seiner mächtigen Gestalt,
regierte er dort mit abscheulicher Gewalt.
Er war auf Tod und Verzweiflung erpicht.
Das Fastfoodessen
Von McDonalds besessen,
startet das Fastfoodessen,
seinen Siegeszug,
im rasanten Flug.
Man kann es vergessen.
Der soziale Missstand
In Deutschland, früh im 19. Jahrhundert, alles begann,
Bevölkerungsexplosion, industriell geprägt, eine Revolution,
die landwirtschaftlich geprägte Agrargesellschaft,
ein Zeitenwandel fand statt,
entwickelt zur städtischen Industriegesellschaft.
Reformen am Anfang, gut gemeinte Absicht,
Bauern befreit, Landflucht, Städte als Ziel.
Die Entwicklung war schmerzhaft,
dramatisches Elend, groß das Leid,
soziale Probleme als Begleiter,
immer größere Bevölkerungsgruppen in Not.
Der ausziehbare Esstisch
Der Esstisch ist ausziehbar.
Das freut den Tischnachbar.
So haben alle mehr Platz zum Essen,
man muss sich nicht mit Ellenbogen messen.
Das wäre auch nicht ehrbar.
Jurij Schiwago, der Doktor
Das Drama Doktor Schiwago,
erzählt Pasternaks Roman so:
Die Russische Revolution gibt den Rahmen,
viele Verwicklungen aufkamen.
Alles gegeben haben Alec Guinness und Co.
Das Morgen-Gurren
(japanisches Tanka-Gedicht)
Jeden Morgen ist
das permanente Gurren
laut zu vernehmen.
Durchdringend und penetrant
ohne ein Innehalten
Das Unterbewusstsein greift an
Der Streit zwischen dem Bewusstsein
und seinem undurchschaubaren Unterbewusstsein
nimmt manchmal arge Züge an,
man weiß auch nie genau, wie lang.
Das ist anstrengend und gemein!
Übertriebene Todesgerüchte
Die Todesgerüchte hören nicht auf,
mehren sich stets aufs Neue zuhauf.
Der unbeliebte Politiker hat alles versucht,
gar oft die Medien vreflucht.
Doch niemand kann die Gerüchte zerstreuen,
irgendwie scheint es einige zu freuen,
dass der arme Mann stets totgesagt,
ihn so manch einer nicht mag.
Zugespitzt haben sich die Vorhersagen,
der Arme kann nur noch klagen,
seinen eigenen Nachruf musste er lesen,
so, als er schon nicht mehr hier gewesen.
Skateboard-Fahren mit Tony Hawk
Tony Hawk auf seinem Skateboard steuern,
das Publikum wird ihn anfeuern.
Man macht Tricks am laufenden Band,
Anfänger fahren schon mal gegen die Wand.
Bei einem Sturz wird man sich die Haut nicht aufscheuern.
Die Hanse
Die Hanse verfügt über ein gutes Netzwerk,
feinste Waren aus dem besten Handwerk.
Die Kontakte reichen bis nach Venedig,
die Kaufleute denken ihr Monopol hält ewig.
Am Ende stürzt alles ein wie ein Bergwerk.
Gesandte in Ketten
Zwei Tage gingen ins Land,
da schickte er erneut Gesandte, bekannt,
nicht entschiedene Fragen zu besprechen.
Für weiteres Verhandeln sah man,
keine echten Grundlagen mehr,
waren doch alle Versprechen gebrochen!
So wurden die feinen Diplomaten
beworfen mit Eiern und Tomaten
und ganz schnell in Ketten gelegt,
ihr Begehren hinweggefegt!
Die Verschönerung des Gemäldes
(japanisches Tanka-Gedicht)
Farbige Kleckse
auf klassischem Gemälde
gelten als Neuheit.
Nur Ignoranten kaufen
einen dergleichen Kunstschund.
Von Neuem wächst heran
(japanisches Tanka-Gedicht)
Bald Zeit zu scheren!
Das Fell türmt sich sehr hoch auf.
Die Wolle entsteht.
Der nachwachsende Rohstoff
hält alle behaglich warm.
Die Zeitumstellung
Im Herbst und im Frühjahr
ist es wieder mal klar.
Die Zeitumstellung geht wieder los.
Die Anpassung ist riesengroß.
Guter Schlaf ist rar.
Sortiere das Bücherregal
Sortiere das Bücherregal,
die Reihenfolge ist egal.
Hauptsache es kommt Ordnung hinein
und nicht nur zum Schein.
Unordnung ist eine Qual!
Die Warnung vor der Preisgabe des Tricks
Hat man erst seinen Trick erklärt,
ist dieser einfach nichts mehr wert.
Die ganze Welt, die kennt ihn dann schon
und staunt nicht mehr über die Aktion.
Drum bewahre was heiß begehrt!
Die alte Welt in Händen
Vier Jahre Studium
und nun das Diplom.
Kurz vor Einführung
des Bachelors.
Gerade noch so.
Vor der Zäsur
Diplom in den Händen
Die Zukunft vor sich
Die, die nachkommen?
Ein anderer Weg,
eine neue Welt für sie.
Gut, dass er
diese Welt nie kennenlernt.
Die alte Welt,
sie scheint besser,
vertrauter und erfolgversprechender.
Der entsandte Naturwissenschaftler
Der Naturwissenschaftler wird entsandt,
ins ärmliche Land, wo er redegewandt,
das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen versucht.
Doch diese ist leider von einer Hungersnot verflucht
und ihm daher alles andere als zugewandt.
Das schmalste Haus der Stadt
Im schmalsten Haus der Stadt,
fühlt man sich wie eine Ratt.
Es gibt keinen Raum zum Entfalten,
zum Atmen und zum Walten.
Es ist ein architektonisches Schachmatt.
Keine Kopien mehr
Wer viel kopiert,
der Geld verliert.
Papiertonnen
Geld verronnen
Ein Stapel dupliziert.
Die Reliquie im Garten
Gelb-weißer Schrein
vom Glanz erfüllt
Bedächtige Andacht
still glänzende Besinnlichkeit
Von der Sonne erstrahlt
von den Strahlen erwärmt
milde Atmosphäre
Eine kleine Tür,
sie lässt sich öffnen.
Ein Tor zu einer anderen Welt
Eindrücke sammeln
Erfahrungen mehren
Kein doppelter Boden,
keine Fata Morgana,
ein Trugschluss ausgeschlossen!
Die Reliquie erhellt den Garten,
dazu hätte es der Sonne nicht bedurft.
Von ihr geht etwas aus.
Der Schrein überzeugt ohne Worte,
er nimmt ein ohne Gewalt,
er spendet Trost ohne Licht.
Ein Relikt vergangener Zeiten,
der die Zukunft gehört.
Eine Zukunft ohne Vergangenheit
Ein Licht ohne Sonne
Die Selbstinszenierung Ludwig des XV.
(japanisches Tanka-Gedicht)
Unreif für das Amt.
Man inszeniert sich gern selbst.
Nur Zwischenstation.
Namensgeber eines Stils,
großer Mätressensammler.
Das Echo und der Schall
(japanisches Tanka-Gedicht)
Echo orientiert.
Ohne die Augen sehen.
Der Schall reflektiert.
Technische Höchstleistung im
Körper einer Fledermaus.
Der Fencheltee
Der Fencheltee riecht,
wenn er so vor sich hinsiecht.
Der Geruch ist nicht jedermanns Sach,
einige halten ihre Nase in Schach,
bis der Gestank sich verfliegt.
John Littles Bande im Wald
John Little führt die Bande an,
jeder ist ein vogelfreier Mann.
Der Sherwood Forest ist ihr Zuhaus,
dort leben sie nicht in Saus und Braus
und fürchten Nottinghams Bann.
Ein Zauberer verschiebt die Grenzen
So manche Illusion
scheint zur Wirklichkeit zu werden,
er bricht die Gesetze
der Natur und der Vernunft.
Unmögliches wird in seiner Hand möglich,
die Zukunft wird gelüftet und entzaubert.
Seine Hände bewegen sich schnell,
zwei weiße Handschuhe,
zwei weiße Punkte, die zu Linien werden.
Sie nehmen Kontur an,
werden zu geometrischen Formen,
die noch niemand berechnet hat.
Dann stehen sie still.
Ganz plötzlich
Seine Hände bewegen sich nicht.
Auf einmal erscheint die Taube.
Aus dem Hut
Wie hat er das gemacht?
Die Illusion ist perfekt.
Die Wirklichkeit scheint zur Illusion zu werden.
Das unerwünschte Aufsehen
Ihr zweiter Vorname ist „diskret“,
sie gibt sich gerne unkonkret,
spielt gern die Geheimnisvolle,
schlüpft in die Schauspielerrolle
und das per Dekret.
Der gute Wurf von Microsoft
Zu finden ist es nicht allzu oft,
dass erfolgreiche Spiele stammen von Microsoft.
Erst für die Xbox, dann auch für das Betriebssystem,
ein jeder genießt nun das Halo-Emblem.
Gerne spiele ich es in meinem Loft.
Blindes Vertrauen am Abgrund
(japanisches Tanka-Gedicht)
Kurz vor der Tiefe,
da muss der Glaube schon sehr
stark geworden sein.
Wenn der Tod bereits sehr nah,
was verleiht einem Flügel?
Das Haus zieht mit
(japanisches Tanka-Gedicht)
Sie trägt es mit sich.
Ihr Zuhause immer da.
Schnecken-Rücken-Nest.
Halt und Sicherheit immer,
so ganz in ihrer Nähe.
Massenpanik in der New Yorker U-Bahn
Ein Ausfall des Stroms
versetzte in Panik die Berufslegion,
alle Pendler in der U-Bahn
gingen nach wenigen Minuten auf dem Zahn.
Wie lange würden sie festsitzen?
Blut und Wasser schwitzen?
Den ungeliebten Job verlieren,
sich vor Freunden und Familie blamieren.
Die Raten für Haus und Auto sich türmen,
die Inkassomitarbeiter in ihre Heime stürmen.
Dies wollten die Pendler nicht
Und betrachteten es als ihre heilige Pflicht,
in Panik zu verfallen,
an den geschlossenen Zugtüren abzuprallen.
Ein grausiges Schauspiel nahm seinen Lauf
bis der Strom wieder in seinem Kreislauf,
Licht und U-Bahn sprangen erneut an,
keiner wirkte mehr bang.
Die Panik schnell vergessen,
an der nächsten Station schnell hinauspressen,
in das ewige New Yorker Gedränge.
Wahrheit mit Absicht vergessen
Wer das Geschehene negiert
und nach Lügen giert,
wer absichtlich etwas unterschlägt
und eine Falschaussage begeht,
der sich vor gar nichts mehr geniert.
Der teuflische Plan von der Lady
Die Lady hat etwas ausgeheckt
und ihre wahre Herkunft versteckt.
Gegen ihre Familie führt sie einen geheimen Krieg
und steht dabei auch kurz vor einem Sieg.
Dafür benutzt sie ihren ganzen Intellekt.
Der Aufstieg des Umbertos
Für Umberto ging es lange bergab.
Er möchte zurück nach Italien, seine Heimat.
Doch dann wird er zum Ausnahmetalent
und sein Geschäftssinn kein Halten mehr kennt.
So arbeitet er hart, bis er macht schlapp.
Erlösende Planungssicherheit
Die meisten Menschen denken in Jahren,
er in Semestern.
Da wird sein Vertrag verlängert.
Vielleicht
Das große Zittern beginnt dann
von Neuem.
Was für ein erbärmliches Leben!
Außenstehende halten das für toll.
Universität?
Da muss er aber gut verdienen.
Sie kennen die Uni nicht,
das System,
die Fallstricke,
die Vertragsverlängerungen,
das Ungewisse…
Kippt die Stelle vielleicht ganz?
Wird sie mit einer anderen Person besetzt?
Planungssicherheit existiert nicht.
Nicht für den Universitätsdozenten
Das Büro
klein und alt.
Silberfische im Waschbecken,
dort gleiten sie umher
in großer Anzahl.
Die fühlen sich wohl,
immerhin.
Der Schreibtisch schmal,
die Computer veraltet.
So geht es dann doch nicht,
es muss sich was ändern!
Die Teufelsaustreibung
Der Priester hat eine Austreibung verschrieben,
dann wird der Teufel ausgetrieben.
Auf den Betroffenen wird keine Rücksicht genommen,
der ist ja durch den Teufel ganz benommen.
Das Ergebnis wird verschwiegen.
Das gute Porzellangeschirr
Das gute Geschirr aus Porzellan,
mit dem man isst voller Elan.
Die Speisen werden schön präsentiert,
man nie die Essenslust verliert,
wenn man angesteckt ist vom Porzellan-Wahn.
Wenn Augen beißen könnten…
(japanisches Tanka-Gedicht)
Zähne wie Nadeln
Maul der Muräne offen
Urzeitlicher Blick
Augen, die den Tod bringen,
so gefühllos und eiskalt.
Gute Schützen auf dem Jahrmarkt
Jede Woche ein ganz neuer Ort,
ein neuer Jahrmarkt aufgebaut.
Fleißarbeit
in die Hände gespuckt,
Muskelarbeit
in nur wenigen Stunden.
Das Zelt
die Pulte
das Dach
die Kabinen
die Holzhütte
Aufgebaut,
erfolgreich errichtet.
Getan, der erste Schritt.
Der Jahrmarkt eröffnet!
Die Kunden,
sie kommen.
Das Luftgewehr schulternd
zielend
abgedrückt,
getroffen!
Die Trophäe:
Ein Kuscheltier seiner Wahl.
Freudestrahlend,
nur Wenige treffen.
Ärger beim Jahrmarktaussteller
Teurer Treffer
nervig und unnötig.
Verhasst diese guten Schützen,
ein Ärgernis für den Geschäftsmann.
Danebenschießen
noch mal und noch mal,
so soll es sein!
Schüsse nachkaufen,
Geld ausgeben
und alle Ziele verfehlen.
Der Traumzustand an der Schießbude,
der Jahrmarkt-Idealzustand.
Die Nacht kommt,
der Markt schließt,
der Schausteller seine Ruhe genießt.
Schluss
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