GedichteJahr 2005

Gedichte – Limericks – Japanische Tanka-Gedichte – Schaffensperiode 02 Quartal 2005




Der Wahlabend: Von Kuschern und Huschern

Ein runder Tisch und große Augen
Keiner mag dem anderen etwas glauben.
Misstrauen und Gier greifen um sich.

Dieselben Parolen werden zum Besten gegeben,
Das Versprochene wird mit den Füßen getreten.
Wer hat den Auftrag und wer hat die Macht?

Erste Anbiederungen werden unternommen,
ein Bündnis ist noch ganz verschwommen,
der Wähler hat die Wahl gewonnen.

Es wird immer dreister.
Es wird immer schäbiger.

„Wieso hat diese Partei so schlecht abgeschnitten?“
„Wir haben es dem Wähler nur einfach nicht genau erklärt!“
Ein Fehler in der Kommunikation also,
leicht behebbar und schnell lösbar.

Eine seichte Ausrede,
um Nachfragen zu beenden.
Sprüche, die erfunden wurden,
um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen,
um sich der Verantwortung
nicht stellen zu müssen.

Rücktritte gab es schon lange keine mehr.
Plagiatoren, Abschreiber,
Steuergeldvernichter und Kriminelle:
Gründe für Rücktritte gäbe es genug,
nur gibt es keinen Anstand,
für sein Verhalten gerade stehen zu wollen.

Kuscher und Huscher
Qualifikationslos und niveaulos
Treulos und sinnlos

Seilschaften sind wichtiger als Ehrlichkeit
Intrigen sind nützlicher als Aufrichtigkeit
Der Wahlabend zeigt schonungslos
die moralischen Politik-Abgründe.

Manch Wähler wendet sich mit Ekel ab,
so unerträglich sind die Polit-Visagen geworden,
so verschlagen ihre Fratzen,
so ausdruckslos ihr Wesen,
so lügnerisch ihre Aura.

Diese Wendehälse und Verräter
werfen alle Überzeugungen,
die sie nie hatten,
sofort über Bord.

Offene Vertrauensbrüche
Öffentliche Wortbrüche
All dies geschieht vor aller Augen
und keine Konsequenzen folgen!

Tatenlosigkeit seitens des Wählers
Hilflosigkeit des Souveräns
Doch etwas muss dringend geschehen!

Wann, wenn nicht am Wahlabend?
Wer, wenn nicht das Volk?
Der Zeitpunkt für eine Revolution ist perfekt,
einen besseren wird es niemals geben.

Eine Rebellion am Stimmzettel,
einen Aufstand an der Wahlurne,
nicht nur einen Denkzettel,
nicht nur eine Ohrfeige,
nein eine Wahlrevolution!
Demokratisch, fair und rechtsstaatlich





Neue Konstellationen von Atomen

Seine Ware ist vergänglich,
die des Eisverkäufers,
schnell verdorben,
sie schmilzt dahin
in wenigen Augenblicken.

Er nimmt den Kampf auf.
Der Eisblock hilft ihm,
Kühle ist das Einzige, was ihm hilft.

Er befindet sich auf verlorenem Posten.
Im Grunde verloren, bevor es angefangen hat.

Es bildet sich eine Lache,
sie wird immer größer,
bevor sie verdunstet, wird sie trocken.

Das Eis hat sich gewandelt,
die Atome haben eine neue
Konstellation angenommen.
Wie lange es diesmal halten wird?





Der bunt gefiederte Hausfreund: Der Wellensittich

In blau-weiß oder gelb-grün,
trompetet er so richtig kühn.
Die kleinen Flügel breitet er aus,
fliegt unkontrolliert durchs ganze Haus.
Die Äuglein vor Begeisterung glühen.





Die Hieroglyphenschrift

Buchstaben musste man noch erfinden,
drum musste man die Zeichen schinden.
Kranich und Schlange stehen bereit,
der Dolch und der Fisch sind auch nicht weit.
So konnte man die Sprache auf Stein binden.





Die Auffahrt des Plantagenbesitzers

Eine lange Auffahrt
aus braun-rotem Sand,
links und rechts Plantagen,
alles von einer weißen Mauer umrahmt.

Die Auffahrt führt
geradewegs darauf zu:

Die weiße Stadtvilla
mit zwei Vollgeschossen,
römischer Stil an der Front.

Säulen,
die ein langgezogenes
Dreieck halten.

Sechs Stufen,
Veranda
mit kunstvollem Zaun.

Dort wartet er,
der Plantagenbesitzer,
er trägt einen braunen Bart,
teure Kleidung.

Rauchend wartet er.
Gelassen,
zufrieden stößt er
den Rauch aus.

Er schaut auf die Auffahrt,
dann auf die weiße Mauer,
die seine.





Die schwarze Festplatte

Ein Durcheinander diese Daten,
Ordner von aller Herren Arten.
Wer bringt Struktur
und Ordnung pur?
Die Festplatte muss warten.





So bleibe ruhig

So bleibe ruhig!
Du bist zu unruhig.
Das ist doch nicht gesund.
So halte Deinen Mund.
Und werde seelenruhig.





Zu abweisend, um durchschaut zu werden
(japanisches Tanka-Gedicht)

Vom Aal abgeperlt
Nichts kann je an ihm haften
zu glatt seine Haut.

Unangreifbar sein Wesen,
so gänzlich unergründbar…





Arwen, die Tochter Elronds

Als Halbelbin kann sie sich entscheiden,
für das ewige Leben oder das sterbliche Leiden.
Sie wählt das sterbliche Leben,
denn Aragorn konnte sie nicht aufgeben.
Am Ende heiraten die beiden.





Das herzhafte Rindergulasch

Das herzhafte Rindergulasch,
die Zubereitung ist nicht rasch.
Doch es schmeckt unheimlich gut,
ein jeder zieht ehrfürchtig den Hut.
Das ist ein Essen mit Panasch.





Der Templerorden

Der Sieg der Kreuzfahrer 1099 ein Signal,
Jerusalem gewonnen, auch das Heilige Grab,
christliche Pilger suchen das Heil,
in Jerusalem, Judäa, Jericho, auch der Jordan dabei.

Christlich gesinnt, die Pilger mit Stab,
keine Waffen, nicht wehrhaft gerüstet,
schutzlos feindlichen Angriffen ausgeliefert.

Abhilfe muss her, Mönche und Ritter im Orden vereint,
Keuschheit, Armut und Gehorsam der Mönch,
Wehrhaft, gerüstet, trainiert und beritten der Ritter,
verbunden zum Schutz vor Gefahren,
für die Wallfahrer im Heiligen Land.

Auf dem Konzil kirchlich anerkannt,
der weiße Mantel mit rotem Kreuz als Gewand,
spartanische im Leben, den Wallfahrern zum Schutz.

Neben dem Kampf auch Geschäfte im Sinn,
finanziell sehr erfolgreich, Reichtum gemehrt,
königlicher Neid, die Macht zu groß, von Missgunst zerfressen,
Auflösung, Verfolgung, Beschlagnahmung ein Erfolg.

Nach zwei Jahrhunderten das Ende ist da,
auf der Isle de Cité in Paris,
ein Scheiterhaufen als letztes Fanal.





Das gute Sonntagsgeschirr

Das Geschirr am Sonntag
jeder es sehr gerne mag.
Es ist so kostbar
und so wunderbar,
wenn darin das Festessen lag.





Der besessene Mathematiker

Ein Mathematiker rechnet wie besessen,
und vergisst dabei so manches Essen.
Er ist ein mitleidloses Wesen,
wird von seiner Mathe-Krankheit nie genesen.
Seine mathematische Regentschaft wird keiner vergessen.





Quantifizierbare Gefahr
(japanisches Tanka-Gedicht)

Nichtsahnend gesehen.
Begegnung auf dem Waldweg.
Beide erschrocken!

Für wen besteht die Gefahr?
Wer riskiert wirklich etwas?





Ein Aufstand mit Feuer und Flamme

Ist die Grenze übertreten,
fangen manche an zu beten,
denn ein Aufstand schnell entsteht,
wenn die Gerechtigkeit untergeht
und der Mob mit dem Schläger will kneten.





Die grassierende Kinderarbeit

Mit der industriellen Revolution,
ein Boom begann,
Fabriken, Manufakturen, die Landwirtschaft,
billige Arbeitskräfte, überall dringlicher Bedarf.

Bis ins 20. Jahrhundert,
Gier und Verantwortungslosigkeit gar groß,
in Europa, auch den USA,
Kinder arbeiten in Schächten,
bedienen Maschinen, Spinnen ihr Los,
die Not war groß.





Der Beginn der Gothic-Saga

Orks führen im Königreich Myrtana Kriege
und haben davongetragen Siege für Siege.
Doch dem namenlosen Helden steht einer zur Seite:
Der mächtige Zauberer Xardas bewahrt ihn vor einer Pleite.
Er bringt die Erzkolonie zum Einsturz, gehört zur Helden-Riege.





Vom Funkeln der Kugel

Die Weihnachtskugel rot und groß,
sie ist am Tannenbaum das schönste Los.
Alle anderen Baumanhänger,
verblassen neben diesem Blickfänger.
Er ist ein mächtiger, roter Kloß.





Eine schnelle Reaktion

Große Gefahren schimmern am Horizont,
der Untergang ist nicht weit weg.
Immer latent
Stets vorhanden
Ein Durchatmen nicht möglich!

Bedrohungen,
die gibt es immer,
wenn auch nicht so zahlreich,
wie in letzter Zeit.

Weiter weg sind die Probleme nicht mehr,
vor der Haustür, da laufen sie umher.
Direkt vor einem,
direkt vor der Nase.
Betroffen ist jeder,
unleugbar Teil des Spiels.
Schnelle Reaktionen,
die wären jetzt nicht schlecht.





Der Gefängnismaler
(japanisches Tanka-Gedicht)

Fernreisen per Traum
Pinselstriche entführen
Gefängnismauern

Farben überwinden den
grauen Gefängnisalltag.





Die Treue aus seinen Augen
(japanisches Tanka-Gedicht)

Sein Blick genügt schon,
um zu wissen, was er denkt.
Er hält stets zu mir.

Verrat ist keine Option
Hinterhältigkeit ihm fremd





Die Autohupe

Die Autohupe als Alarmsignal
wirkt manchmal recht fatal.
Keiner möchte dem anderen Straße schenken,
so fangen sie an gegen zu lenken.
Nicht selten endet‘s im Spital.





Fege die Blätter

Fege die Blätter,
sei mein Retter.
Ich hab Rückenschmerzen,
drum nimm es Dir zu Herzen
und sei ein guter Vetter.





Sicherheitsschlösser der höchsten Kategorie

Türschlösser der höchsten Sicherheit
sorgen für die nötige Lockerheit.
So verhindert man einen Einbruch
und umgeht manchen Versicherungsanspruch,
der behaftet ist mit Unsicherheit.





Die Investmentsparte der Großbank

Gewinnbringer
Zugpferde
Aushängeschild

Jede Großbank hat sie.
Jedes Unternehmen hat sie.
Alle haben sie:
Die Dauerlächler aus der Investmentsparte!

Dauergewinner auf Überholspur
Straße des Sieges
Goldener Weg
Gewinne für Wenige

Sie verwandeln Heu zu Gold
und Gold zu Krisen.
Und Krisen zu Abgründen
Eine Sparte, ein Abgrund





Ein Farmhaus gelegen in Alabama

Es ist ein schönes Farmhaus, weiß gestrichen,
zweistöckig, das Balkongeländer leicht verblichen.
Es liegt in Greensboro, Alabama,
dort leben drei Kinder mit ihrer Mama.
Die Kinder sich heimlich nachts hinausschlichen.





Das Hundekörbchen unter der Treppe

Unter der Treppe ist das Hundekörbchen,
es ist an einem ruhigen Örtchen.
Da kann der Hund murren
und den ganzen Tag knurren,
bis dass er kommt, sein Herrchen.





Heliaia, das Volksgericht

Von Beruf war keiner Richter,
da kamen die Griechen auf den Trichter.
Ein Volksgericht wurde ins Leben gerufen,
ein schöner Bau mit hohen Stufen.
Die Verhandlungstermine wurden immer dichter.





Dämmerung am Pavillon

Sechs Säulen weiß
halten das Dach,
an allen Ecken eine.

Sie geben Halt
und tragen schwer
das schwarze Dach, das eine.

Sechs Ecken hat der Pavillon
und einen hellen Boden,
doch fehlen Zaun und Seitenwand,
so heimlich unverhohlen.

Das Weiß wird grau,
das Grau wird schwarz,
die Sonne geht bald unter,
doch unter unserem Pavillon
spielen sie Geige munter.

Es mag der Tag zur Neige gehen
und mit ihm alle Farben,
doch unser buntes Fidelspiel
kennt weder Zeit noch Darben.

Die Nacht bricht an,
die Säulen halten
unser schön Pavillon,
wir tanzen und spielen die Geige
durch bis zum nächsten Morgen.

Die Sonne, sie steht wieder auf
und bringt das Pavillon zum Leuchten.
Es ist eine weiß-gelb herrlich Pracht,
die diese Tage bräuchten.





Die Sansculottes
(japanisches Tanka-Gedicht)

So rechtelos und
würdelos, dass es mündet
in Revolution.

Unterschied auch äußerlich:
Anhänger langer Hosen.





Die Streifen des Zebras
(japanisches Tanka-Gedicht)

Die Fellabwechslung:
Das eine Extrem wechselt,
zum anderen hin.

Wenn das Schwarze und Weiße
die Verbindung eingehen.





Die Kombüse

Spezialitäten aus der Kombüse,
wie des Kalbs Thymusdrüse.
Oder andere Innereien
gelten in der Gastronomie als Leckereien.
Gesäubert wird die Küche mit einer Kärcherdüse.





Der reitende Sarmate

Lancelot ist ein Reiter und Sarmate,
er dient unter keltischer Standarte.
Für lange Zeit ist er verpflichtet,
für die britannische Krone er den Dienst verrichtet.
Dann zieht er sich zurück ins Private.





Der Beginn des geänderten Tagesablaufs

Einschneidend
Tagesablauf geändert
Der Rente geschuldet
Das Arbeitsleben im Rückspiegel

Ein Rückblick
Freudig und traurig zugleich
Ein neuer Abschnitt
Hoffentlich nicht der Letzte!
Und auch nicht das Letzte!

Nichts Profunderes,
nichts derart Gewichtiges
kann ein Arbeiterleben
derart durcheinanderwirbeln.
Beginn einer neuen Zeitrechnung?
Einer persönlichen Zeitrechnung





Der Duschkopfwürger

Mit einem Duschkopf und einem Schlauch
war es bei dem Psychopathen Brauch,
seine Opfer zu erwürgen.
Das traf dann leider den Jürgen
und entsetzlicherweise den Markus auch.





Mach einen Punkt

Mach einen Punkt,
denn der richtige Zeitpunkt,
mal ruhig zu schweigen,
der ist Dir nicht grad eigen.
Das ist bei Dir ein Minuspunkt.





Abgeschottete Eliten unter sich
(japanisches Tanka-Gedicht)

Heirat um Heirat
schotten sie sich weiter ab.
Eliten scheuen

den Kontakt mit den Massen.
Neue Adelsgeschlechter.





Weit abseits des ausgetretenen Pfades
(japanisches Tanka-Gedicht)

Den Weg verlassend.
Den Pfad längst aufgegeben.
Abwege ins Nichts.

Wohin der Weg führen mag?
Gibt es von dort ein Zurück?





Die halbgeöffneten Rollladen

Seit einer Woche schon,
gegenüber sehe ich
Rollladen halb geöffnet.

Sie schließen sich nicht,
sie öffnen sich nicht.
Halb hell, halb dunkel,
es tut sich nichts.

Weiße Lamellen,
unbeweglich und fest

Halbzustand,
unfertiges Fenster

Ist es Morgen oder Abend?
Zwischenzeit!
Die Rollladen geben darauf
keinen Hinweis.

Alltagshandlungen
Öffnen und senken,
wie eine Flut und
eine Ebbe sich abwechseln.

Eine weiße Flut an Lamellen,
wenn es Abend wird.
Doch gegenüber setzt
die Flut nicht ein,
die Ebbe ebenso wenig.

Ein Meer ohne Gezeiten,
ein Fenster ohne Alltag.

Morgen werden sie
wieder halboffen sein,
so als wenn sie die Gezeiten
ignorieren würden.
Alltagsflut und Alltagsebbe
Keinesfalls





Übliche Industriespionage

Unternehmen kämpfen auf viele Arten,
benehmen sich manchmal wie Piraten.
Da wird schon sehr dreist spioniert
und sogar direkt kopiert:
Kampf den Plagiaten!





Der Typ aus der Videothek

Ralf arbeitet in der Videothek.
Von innen hat er noch nie gesehen eine Bibliothek.
Aus Horrorfilmen kann er zitieren,
so dass sich seine Freunde mokieren.
Seine Eltern zahlen ab eine hohe Hypothek.





Der Lehrer und Tourist

Ein Lehrer möchte seinen Urlaub in Venedig verbringen
und den Sommer schön dort lassen ausklingen.
Doch hat er bald mit der Polizei Kontakt,
er überlegt, ob er nicht besser seine Koffer packt.
Da muss er noch mit sich ringen.





Nie zufrieden mit keinem Wetter

Das Feld als Mittelpunkt des Lebens,
der Traktor als das Fortbewegungsmittel erster Wahl,
das Wetter als Feind.

Nie gut genug:
Mal zu viel Regen,
dann wieder zu wenig,
zu heiß,
zu kalt,
zu wenig Sonne,
zu viel Strahlen,
der Frost zu früh eingesetzt.

Egal, was geschieht:
Der Bauer ist unzufrieden,
misslaunig,
verstimmt.

Kein Jahr vergeht
ohne Gemecker.
Kein Sommer verstreicht
ohne Gemurre.

Es ist immer dasselbe Schauspiel,
das sich bietet.
Daher glaubt’s auch keiner mehr.

Zuviel des Beklagens
Widerwillen
Zurückverwiesen

Und sollte mal wirklich
ein Katastrophen-Jahr kommen:
Keiner wird‘s glauben!

Wer immer klagt,
dem glaubt man nicht,
selbst wenn dann mal,
das Wetter spinnt.





Das vernetzte Auto

Das Auto hat Internetzugang
gemäß dem zeitlichen Fortgang.
So hat man die neusten Informationen
über verändernde Verkehrsformationen.
So vernetzt die Zukunft niemals klang.





Die Stimme von Edith Piaf
(japanisches Tanka-Gedicht)

Eine von Tausend
Durchdringender als alle
Nichts Vergleichbares

Wenn ihre Stimme ertönt,
bleibt kein Auge mehr trocken.





Die blaue Zunge des Chow-Chows
(japanisches Tanka-Gedicht)

Kränklich sieht er aus.
Mit seiner blauen Zunge.
Kurzerhand geheilt.

Wenn er sein Maul wieder schließt,
sieht keiner die Verfärbung…





Der Preis eines Lebens voller Geheimnisse

Wenn man immer nichts Wahres sagt
und man stets Geheimnisse wagt,
dann baut man sich ein Leben voller Fallstricke
und erntet mehr als vorwurfsvolle Blicke,
bis man sich selbst am meisten beklagt.





Signale vom Zepter

Wagner
Er liebt ihn.
Hochachtung
Verehrung
für alle seine Stücke

Auswendig kennt er sie,
jedes einzelne Stück,
genauestens.

Alle Winkel und Ecken,
alles durchschaut,
jede Note und Melodie
aufgesogen und verinnerlicht.

Sein Leben das Notenheft,
sonst hat er nichts.

Doch den Stab,
das Zepter des Dirigenten,
der Königsstab.

Damit kommandiert er,
gibt Signale,
die Starterlaubnis
oder er würgt ab.

Unter Kontrolle das gesamte Orchester
Sie hören auf ihn,
blicken auf den Dirigenten.

Richtschnur
Maßstab

Das Maß aller Dinge,
der Mittelpunkt im Saal,
der Magnet der Aufmerksamkeit.

Die Quelle der Musik,
der Schall entspringt aus ihm,
der Fluss Wagners,
die Geburt der Oper.
Walkürenritt
Der Dirigent verbeugt sich.





Schluss

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